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Volkspartei: Karli und die schwachen Männer

Die Landeshauptleute sind der Stützapparat der ÖVP. Nützen sie sich ab, wackelt auch der Bundesparteiobmann.

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Guten Morgen!

Unter Umständen gehen der ÖVP bald die Landeshauptmänner aus. Diesbezüglich herrscht derzeit ein ziemlicher Schwund. Elegant fällt der Rückzug des Steirers Hermann Schützenhöfer aus. Mit Christopher Drexler steht ein programmierter Nachfolger bereit, der Zeit zur Profilierung hat, da die nächsten Landtagswahlen erst im Jahr 2024 stattfinden. So muss Hofübergabe!

In Tirol rumpelte es schon mehr. Seit der Wodka-Feige-Viren-Schleuderei beim Après-Ski in Ischgl ist Landeshauptmann Günther Platter angeschlagen. Platters designierter Nachfolger Anton Mattle ist in der Partei nicht unumstritten und im Land kaum bekannt. Viel Zeit zur Hebung seiner Prominenz bleibt ihm nicht. Schon im Herbst geht Tirol in Neuwahlen.

Markus Wallners Abschied erfolgt unfreiwillig. Der Stress der vergangenen Monate – Krieg, Pandemie, Teuerung, die Affäre um den ÖVP-Wirtschaftsbund – überforderte Körper und Seele. Der Landeshauptmann wird mehrere Wochen im Krankenstand sein. An einen Rücktritt sei nicht gedacht, heißt es aus Wallners Büro. Allerdings sind Spitzenämter gnadenlos ungesund und Schonzeiten nicht vorgesehen. Ein Comeback sollte daher wohl überlegt sein.

Multiple Krise

Die Krise der ÖVP ist multipel geworden, wie Christian Rainer und Eva Linsinger im aktuellen profil-Innenpolitik-Podcast analysieren. Der Rechnungshof kritisiert öffentlich die türkise Finanzgebarung. Gegen die frühere Führungsriege um Sebastian Kurz wird weiter ermittelt. Der neue Obmann Karl Nehammer erhielt beim Parteitag in Graz zwar 100 Prozent, kann den Absturz aber nicht stoppen. In den jüngsten Umfragen liegt die Partei bei 22 Prozent und damit deutlich hinter der SPÖ (27 Prozent). Bei den anstehenden Landtagswahlen in Tirol, Kärnten, Salzburg und Niederösterreich drohen Verluste.

Eine Partei, deren Stützapparat die Landesorganisationen bilden, verkraftet Serienniederlagen in den Bundesländern nur schwer. Daher wird spätestens in einem Jahr die Debatte beginnen, ob Karl Nehammer der richtige Mann an der Spitze ist. Auch Nehammer dürfte sich das in den vergangenen Monaten bisweilen gefragt haben. Selbstzweifel sollen ihm nicht fremd sein.

Nehammer war aufgrund seiner Verankerung in der ÖVP der logische Nachfolger von Sebastian Kurz. Sollte er mittelfristig zurücktreten, ob nach einer Wahlniederlage oder aufgrund anderer Umstände, könnte zum ersten Mal eine Frau die Partei übernehmen: Karoline Edtstadler. Die Verfassungsministerin hat sich als eines der wenigen ÖVP-Regierungsmitglieder ein eigenes Profil erarbeitet. Und wie Nehammer und Kurz mag sie Hunde und weiß das auch zu vermarkten. Edtstadlers Manko: Ihre Hausmacht, die ÖVP Salzburg, ist eher schwach. Ein eigenes Netzwerk hat sie sich in der Bundespartei bisher nicht geschaffen. Allerdings könnte Edtstadler auch Landeshauptfrau von Salzburg werden – sollte es in naher Zukunft zu einem weiteren Schwund unter den ÖVP-Landeshauptmännern kommen.

Einen schönen Tag und schwinden Sie bloß nicht!

Gernot Bauer

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.