Eine Kollage vor blau-grauem Hintergrund mit Harald Mahrer, Christian Kern, Josef Moosbrugger
Bild anzeigen

Wirtschaftsbund, Bauernbund und Co: Österreichs gutbezahlte Ehrenämter

WKO-Chef Harald Mahrer bezieht für mehrere Ehrenämter üppige Entschädigungen. Damit ist er nicht alleine, auch andere Parteiorganisationen fetten die Bezüge ihrer Funktionäre auf. Ein Best-of von Österreichs womöglich bestbezahlten Ehrenämtern.

Drucken

Schriftgröße

Ein Blick in den Duden zeigt: Das Wort „Ehrenamt“ bezeichnet ein ehrenvolles, besonders öffentliches Amt, das überwiegend unentgeltlich ausgeübt wird. 

Nicht so in Österreich, wie die Ereignisse der letzten Tage rund um den wackelnden Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, Harald Mahrer (ÖVP), gezeigt haben. Er verdient gleich dreifach: Mahrer bezieht nicht nur eine Gage für sein Ehrenamt als WKO-Präsident, sondern auch für seine ehrenamtliche Obmannschaft des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Vergoldet wird das durch eine Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB). 

Im Wirtschaftskammergesetz findet sich dazu folgende Passage: Die Funktionen in der Kammer werden ehrenamtlich ausgeübt, eine Aufwandsentschädigung könne nur „Funktionären mit erheblicher Inanspruchnahme durch die Funktion gewährt werden”. Mahrer verdient als Präsident der WKO 14.000 Euro monatlich, als Wirtschaftsbund-Chef 6000 Euro pro Monat und als Mitglied des Generalrates der OeNB waren es 88.000 Euro pro Jahr – dieses Amt legte Mahrer am Montag zurück.

Mit seinem Verdienst aus ehrenamtlichen Tätigkeiten ist Mahrer jedenfalls nicht alleine. profil hat sich umgehört, welche Funktionäre abseits des Wirtschaftsbundes für ihre ehrwürdige Tätigkeit entschädigt werden.

Landwirtschaftskammer und Bauernbund

Der Präsident der Landwirtschaftskammer, aktuell Josef Moosbrugger, hat Anspruch auf einen Bezug, der Bundesbeamten in der Dienstklasse IX und Gehaltsstufe 6 gleichkommt. Das sind 11.539,90 Euro 14-mal pro Jahr. Erhält der Präsident aus einer weiteren Funktion in einer öffentlichen Körperschaft einen regelmäßigen Bezug, so verringert sich seine Aufwandsentschädigung bis auf maximal 36 Prozent. Im Fall von Präsident Moosbrugger ergibt sich eine monatliche Entschädigung seitens der LKÖ von derzeit 5368 Euro brutto (14-mal). Denn Moosbrugger ist nebenher auch Präsident der Vorarlberger Landwirtschaftskammer, für diese Funktion bezieht er ebenfalls ein Salär. Die Höhe ist in jedem Bundesland anders geregelt.

Der ÖVP-Bauernbund – die tonangebende Fraktion in der Landwirtschaftskammer – lässt wissen, dass sein Präsident Georg Strasser eine pauschale Aufwandsentschädigung in der Höhe von 4630 Euro bekommt, sie wird zwölfmal jährlich ausbezahlt. Die Höhe dieser Entschädigung wurde 2017 bei der Bauernbund-Obmännerkonferenz beschlossen – sie orientiert sich am Ausgangsbetrag von 4200 Euro brutto pro Monat. Das entspricht dem Verdienst, den Strasser als Bürgermeister der Gemeinde Nöchling verdient hatte. Strasser legte das Bürgermeisteramt im Jahr 2017 zugunsten des Bauernbundes zurück. Er sitzt aber weiterhin für die ÖVP im Nationalrat, 2025 betragen die Bezüge hier 10.351 Euro, 14-mal jährlich.

Drei Männer in Anzügen sitzen an einem Tisch und diskutieren.
Bild anzeigen

SPÖ und FSG

Bei der SPÖ gelte laut Parteistatut, dass alle Funktionärstätigkeiten ehrenamtlich ausgeübt würden, heißt es auf Anfrage. Wobei: In der Vergangenheit haben das die Sozialdemokraten nicht immer so genau genommen. Als Christian Kern 2017 das Kanzleramt verlor und als Abgeordneter ins Parlament einzog, fettete die Bundespartei seinen Bezug um 6100 Euro pro Monat auf – bis er schließlich zurücktrat.

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl kommt auf ein Salär von 14.492 Euro brutto, 14-mal jährlich. Somit verdient sie etwas mehr als Mahrer, dürfte sich das Gehalt aber nicht durch andere Ehrenämter aufbessern.

Der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB) zahlt laut Eigenangabe keine Aufwandsentschädigung  an seine Obleute aus, da es sich um eine ehrenamtliche Funktion handelt. Es gebe dazu im aktuellen ÖAAB-Statut auch keine Ausführungen oder Regelungen. August Wöginger, der amtierende Obmann des ÖAAB, dürfte ohnehin keinen Nebenverdienst einstreifen. Denn als Klubobmann der ÖVP im Nationalrat gilt für ihn – ähnlich wie für Regierungsmitglieder – ein Berufsverbot. Nach dem Bundesbezügegesetz liegt Wögingers Salär bei 17.597 Euro, 14-mal im Jahr. 

Auch die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter:innen (FSG) erklärt auf profil-Anfrage, dass es keine Funktionsentschädigungen oder dergleichen gebe. Deren Vorsitzender, Josef Muchitsch (SPÖ), ist Nationalratsabgeordneter und erhält die entsprechenden Bezüge.

Der SPÖ-nahe Pensionistenverband entlohnt seinen Organisationsvorsitzenden nicht, aber es gebe einen Reise- und Fahrkostenersatz – jedoch nur nach Vorlage der Originalbelege und Begründungen.

Die Industriellenvereinigung

Viele politische Organisationen und Interessengruppen der als parteinah geltenden Organisationen sind als Vereine organisiert – so auch die als konservativ geltende Industriellenvereinigung. Sie ist nach eigenen Angaben ein „privater Verein, dessen Mitgliedschaft auf Freiwilligkeit beruht. Alle Funktionärinnen und Funktionäre, einschließlich der Präsidentinnen und Präsidenten, Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sowie der Ausschussvorsitzenden, üben ihre Tätigkeiten ehrenamtlich aus.” Entlohnung gebe es nicht, nur Spesenrückerstattung.

Vereine müssen ihre exakten Finanzen nicht offenlegen, somit bleibt die Vergütung intransparent. Andere Organisationen beantworteten die Anfrage von profil direkt. 

Die Wirtschaftsfraktionen der Parteien

Neben dem Wirtschaftsbund gibt es in der Wirtschaftskammer auch die Fraktionen der SPÖ (Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband), FPÖ (Freiheitliche Wirtschaft), Grünen (Grüne Wirtschaft) und Neos (Unos). Bis auf die Grüne Wirtschaft geben die drei Fraktionen an, dass ihre Funktionäre in der Wirtschaftskammer unentgeltlich tätig sind. 

Sabine Jungwirth, die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft, erhält 3400 Euro und als Bundesspartenobfrau in der WKO 2652,75. Beide Bezüge erhält sie allerdings nur zwölfmal im Jahr.

Die Freiheitlichen Arbeitnehmer und der ÖVP-Seniorenbund ließen profil-Anfragen unbeantwortet.

Gut möglich, dass sie sich eine Gagen-Diskussion ersparen wollen, wie sie Mahrer gerade erlebt.

Franziska Schwarz

Franziska Schwarz

Franziska Schwarz ist seit Dezember 2024 im Digitalteam. Davor arbeitete sie als Redakteurin bei PULS 24, und als freie Gestalterin bei Ö1. Sie schreibt über Politik, Wirtschaft und Umwelt.