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Wirtschaftskammer feiert mit Entenleber, Trüffel und Kalbsrückenfilet

Nach dem Wirbel um den hohen Gehaltsabschluss für Wirtschaftskammer-Mitarbeiter sorgt ein weiterer Fall für Empörung unter Mitgliedern: Eine Fachgruppe in Wien gönnt sich zur Weihnachtsfeier ein Menü mit allerlei Delikatessen. Die Kosten lägen aber nur bei 5.000 Euro, sagt sie.

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Die Wirtschaftskammer hat derzeit einen Negativlauf: Die geplante Gehaltserhöhung von 4,2 Prozent für ihre Mitarbeitenden sorgte Anfang der Woche für Unverständnis bei Unternehmen. Der Vorwurf: Die Kammer, die durch Pflichtbeiträge finanziell gut ausgestattet ist, lässt inmitten einer Wirtschaftskrise jedes Gespür vermissen. Am Dienstag zog Wirtschafskammer-Präsident Harald Mahrer die Notbremse: Die Erhöhung solle nun doch nur 2,1 Prozent betragen.

Entenleber mit Orangen-Preiselbeer-Confit

Ob das Ruhe in die Kammer bringen wird? Wohl kaum. Den Eindruck fehlender Sensibilität haben auch Mitglieder der Fachgruppe Metalltechnik in der Wiener Wirtschaftskammer: Sie spielten profil die Einladung zur Weihnachtsfeier der Fachgruppe zu, die eindrücklich zeigt, dass Bescheidenheit derzeit nicht ganz oben auf der Agenda stehen dürfte. Ein Auszug aus dem Menü, das am 27. November im Ausbildungszentrum der Fachgruppe serviert werden soll: Mousse von der Entenleber mit Orangen-Preiselbeer-Confit, Alpenlachsfilet mit Safran-Risotto, Kalbsrückenfilet vom Kremstaler Milchkalb mit getrüffeltem Kartoffelgratin. Nur eine kleine Auswahl aus den drei Vorspeisen, drei Suppen, drei Hauptspeisen und verschiedenen Desserts. Durstig müssen die Gäste selbstverständlich auch nicht bleiben, bereits zum Eintreffen gibt es einen Sektempfang.

Sekt und Entenleber, während die Zahlen der Insolvenzen und der Arbeitslosen steigen. Ein Mitglied der Fachgruppe traute seinen Augen nicht, als die Einladung inklusive Menü bei ihm ins Haus flatterte. Pro Mitgliedsbetrieb dürfen zwei Personen zu der Fete kommen. Es sei eine „neuerliche Frechheit“ nach der „unbescheidenen Gehaltserhöhung.“ Was ihn stört: Zahlen würden diese Delikatessen die Mitglieder selbst mit ihrer Kammerumlage, viele davon Unternehmer, die gerade ohnehin mit der Wirtschaftslage zu kämpfen haben. 

Nach Veröffentlichung des Artikels gelangte noch ein Statement von der Fachgruppe ein. Sie stellt klar: Die Kosten liegen bei 5.000 Euro jährlich, es kommen zwischen 60 und 70 Personen. Eingeladen sind alle Mitgliedsbetriebe der Fachgruppe Metalltechnik. Da in den eigenen Räumlichkeiten gefeiert wird, fällt keine Raummiete an.

Aufruf zum Kammerumlagen-Boykott

Die Stimmung in der Wirtschaftskammer war schon einmal besser. Da half es auch nichts, dass die Wirtschaftskammer die geplante Gehaltserhöhung mit sachlichen Argumenten zu rechtfertigen versuchte: Die Anpassungen würden zeitverzögert erfolgen und sich an den KV-Abschlüssen im vergangenen Jahr orientieren. Neos, Grüne und FPÖ äußerten alle Unverständnis für den Abschluss. Auch die Industriellenvereinigung, sonst oft im Gleichklang mit der WKO, schloss sich der Kritik an. Ein Industrieller geht jetzt sogar einen Schritt weiter: Remus-Chef Stephan Zöchling ruft laut einem aktuellen Bericht der „Kronen Zeitung“ dazu auf, die Kammerumlage nicht mehr zu zahlen.

Dass es anders gehen kann, zeigt übrigens eine Veranstaltung des Zentrums für Verwaltungsforschung KDZ am Dienstagnachmittag: Dort gibt es bei einer Tagung zu den Einsparungen im Bundesstaat ein „konsolidiertes Buffet“, wie in der Einladung steht. Auch wenn der genaue Menüplan noch nicht bekannt ist, heißt das wohl: Keine Entenleber, keine Trüffeln.

Maria Prchal

Maria Prchal

ist seit 2025 Redakteurin im Digitalteam. Sie ist seit über zehn Jahren im Journalismus engagiert und hat Empirische Kulturwissenschaften sowie Moderne Südasienkunde studiert.