Jufa Hotel Salzburg Außenansicht mit einem Faksimilie des Baurechtsvertrags
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Jufa Hotels: Investor übernimmt Privilegien aus gemeinnützigen Zeiten

Wenige Hundert Euro Jahreszins für Toplagen, geschenkte Grundstücke, Millionenförderungen: Die öffentliche Hand subventionierte die Hotelgruppe Jufa gleich mehrfach – obwohl das Unternehmen nun nicht mehr gemeinnützig ist, sondern einem Investor gehört. In mehreren Bundesländern werden Forderungen laut, die Begünstigungen zu stoppen und das Geld zurückzuzahlen.

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Über dem malerischen Pöllau hingen in den letzten Monaten sprichwörtliche dunkle Wolken. Vor rund einem Jahr sperrte in der steirischen Gemeinde das Jufa-Hotel zu, in dem jahrelang Gäste für ihre Wanderungen im Naturpark Pöllauer Tal nächtigten. Ein herber Verlust für den Tourismus im Ort. Aber nicht nur das. Als das Hotel geschlossen wurde, legte Bürgermeister Josef Pfeifer offen, wie viel Geld die Gemeinde insgesamt in Jufa investiert hatte: satte 8,37 Millionen Euro. Sie schenkte den Grund her, übernahm die laufenden Kosten in Höhe von 3,2 Millionen, finanzierte Sportanlagen und mehr. Die Summen sorgten für große Irritationen bei allen Fraktionen im Gemeinderat. Glück für Pöllau: Jufa will nun wieder aufsperren, wie der neue Eigentümer kürzlich bekannt gab. Mit all den Subventionen und Begünstigungen für Jufa ist Pöllau längst kein Einzelfall, sondern eher die Regel im Jufa-Universum. 

Stockbetten, Frittatensuppe, Skikeller – solche Erinnerungen ruft der Name Jufa wohl bei vielen hervor, die in Österreich in der Schule waren. Die Jufa-Gruppe, die in den vergangenen Jahrzehnten massiv expandierte, ist mittlerweile viel mehr als eine Schullandwochen-Unterkunft: Mit über 50 Standorten im In-, und Ausland und 1,5 Millionen Nächtigungen im Jahr bezeichnet sich das Unternehmen als größte Hotelgruppe in österreichischem Besitz. Das Angebot hat sich auf Wellness, Ayurveda und Golfurlaub erweitert. Jufa ist während der Covid-Pandemie aber gehörig ins Schleudern geraten: Schulden und Umsatzverlust in Millionenhöhe und Standort-Schließungen wie in Pöllau waren die Folge. Ein neuer Investor soll die Gruppe nun retten: Eoss Industries steigt die kommenden Wochen offiziell als Mehrheitseigentümer ein, wie profil exklusiv bestätigt wurde. Das Unternehmen war bisher nicht in der Hotellerie aktiv.

Gemeinnützigkeit bereits 2021 aberkannt

Das Jufa-Konstrukt ist kompliziert: 2004 schlossen sich gemeinnützige Jugendgästehaus-Vereine aus der Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg zu einer Stiftung zusammen. Damit ging auch das Vereinsvermögen in die Stiftung über. Doch die Jufa-Stiftung bekam 2021 ihre Gemeinnützigkeit vom Finanzamt aberkannt. Sie firmiert trotzdem noch unter dem Namen „Gemeinnützige Privatstiftung der JUFA Hotels”. Jufa-Chef Gerhard Wendl betont gerne, man würde weiterhin die Werte einer Gemeinnützigkeit leben. 

Eoss meint auf Nachfrage, die Jufa-Werte, nämlich leistbare Urlaube für die ganze Familie und für Schüler, seien auch für den neuen Eigentümer erstrebenswerte Ziele. Die Investitionssumme, die für die Hotelgruppe floss, wird nicht verraten. Für die Übernahme wird eine gemeinsame Auffanggesellschaft gegründet, an der Eoss die Mehrheitsanteile übernimmt. Die Gemeinnützige Privatstiftung JUFA Hotels bleibt Gesellschafterin und mit fünf Prozent beteiligt. Aber damit wiegt die Stimme der Stiftung in den Gremien natürlich wenig. Eoss übernimmt die finanzielle Verantwortung. Und Eoss erbt auch die Vorteile und Vergünstigungen, die mit Vereinen oder der gemeinnützigen Stiftung dahinter in den vergangenen Jahrzehnten geschlossen wurden. Von hohen Förderungen der öffentlichen Hand bis zu günstigen Pachtverträgen für die Hotels von Gemeinden und Ländern. Mit der Übernahme werden auch skeptische Stimmen laut, die bezweifeln, dass ein privater Eigentümer die Werte der Gemeinnützigkeit hochhalten wird. In einigen Landesparteien wird bereits die Forderung erhoben, die Sonderbehandlung von Jufa zu stoppen. 

Geschlossene Standorte: Alles vergeben und vergessen?

Denn Jufa hat von der Gunst einiger Gemeinden profitiert, die jede Nächtigung dringend brauchen: Sie schenkten der Gruppe Grundstücke, bauten Busparkplätze, Zufahrtsstraßen und mehr. Damals gingen die Begünstigungen noch an die gemeinnützige Stiftung oder Vereine. Als eine Art der Wirtschaftsförderung bezeichnet das ein Bürgermeister. Als die Gruppe in der größten Not einige Standorte schloss, regte sich aber Widerstand. Ortschefs kritisierten die Entscheidung, nachdem so viel lokales Geld in die Hotelkette geflossen war. Auch Geschäftspraktiken und Preispolitik wurden zum Thema. In Knappenberg (Kärnten) meldete sich bei der Schließung das nahegelegene Tibetzentrum, dessen Gäste oft bei Jufa übernachteten. Die Landesregierung hätte viel Geld investiert, aber die hohen Preise würden Besucher abschrecken. Jufa widersprach dieser Analyse.

Doch jetzt hört man mildere Töne von den Bürgermeistern, denn einige der geschlossenen Jufa-Standorte sperren wieder auf. Als erstes das Hotel Hochrindl in Kärnten. Wie im steirischen Pöllau hat die Gemeinde den Grund für das Hotel einst an Jufa verschenkt. Auch das Schloss Röthelstein in Admont gehört Jufa. Und auch Röthelstein wurde geschlossen und soll jetzt wieder aufsperren. Die Bürgermeister zeigen sich auf Nachfrage alle erleichtert, dass Jufa endlich zurückkehrt. Kritische Töne hört man keine mehr, aber manche wollen sehr wohl bestehende Verträge prüfen lassen.

Außenansicht des Jufa Hotels Hochrindl
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Das Jufa Hotel Hochrindl

Als erster Standort sperrt Jufa das Hotel in Hochrindl wieder auf.

Jufa-Standorte sind oft mehr, als nur ein Hotel. In Röthelstein ist das Schloss etwa der Veranstaltungsort für die ganze Region. Man sehe sich hier als Partner der öffentlichen Hand im Erhalt der lokalen Infrastruktur, sagt Jufa. Die Hotels betreiben 45 Outdoor-, und Indoorspielplätze und 25 Sporthallen und Turnsäle. Aber auch hier gibt es einige Beispiele für Begünstigung. In St. Michael im Lungau zahlt Jufa für die Nutzung des Sport-, und Spielplatz 100 Euro im Jahr. Heftig diskutiert war und ist die Ballsporthalle im Kärntner Bleiburg. 2,25 Millionen Euro an öffentlichen Förderungen flossen für die Jufa-Arena. Jufa schloss den Standort, Vereine müssen teilweise nach Slowenien ausweichen, hört man aus der Gegend.

536 Euro im Jahr für 5.800 Quadratmeter

Das bemerkenswerteste Beispiel für die Vergünstigungen ist das Hotel in der Stadt Salzburg. Dort beherbergt Jufa noch am selben Standort Gäste, an dem 1967 Bundespräsident Franz Jonas die erste Jugendherberge des Landes eröffnete. Mittlerweile hat das Hotel Vier Sterne und eine Nacht kostet um die 100 Euro pro Person. Was allerdings die Jahrzehnte überdauerte, ist der günstige Baurechtszins. Gerade einmal 536 Euro zahlt Jufa für 5800 Quadratmeter im Jahr an die Stadt Salzburg, der der Grund gehört. Marktkonform wären eher 240.000 Euro, meint der grüne Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer, der das Thema aufs Tapet brachte. Jufa spare sich so insgesamt zehn Millionen Euro bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2066, rechnet er vor.

Mit dem Einstieg von Eoss ist die Situation neu zu bewerten, sagt die Stadt Salzburg, der der Grund gehört. „Es ist selbstverständlich, dass wir den Baurechtsvertrag prüfen und – falls notwendig – an die aktuellen Gegebenheiten anpassen werden“, so SPÖ-Bürgermeister Bernhard Auinger. Weitere Kommunen könnten folgen: Auch in der Steiermark lassen einzelne Bürgermeister gerade die alten Verträge prüfen.

Ein Sonderfall ist Altenmarkt in Salzburg. Diese Liegenschaft gehört der Landesimmobilien Burgenland GmbH (LIB). Mit der läuft bis 2053 ein Baurechtsvertrag mit einem Bauzins für die ersten zwanzig Jahre von 24.000 Euro. Dafür müssen 40 Prozent der räumlichen und zeitlichen Ressourcen des Jugendheimes für Veranstaltungen des Landesschulrates Burgenland zur Verfügung gestellt werden. Ob das passiert und ob der Vertrag geprüft wird, beantwortete die LIB nicht.

Kinder spielen in einem Indoor Spielplatz im Jufa Hotel Salzburg
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Der Spielbereich in Salzburg

In Salzburg gibt es einen großen Indoor-Spielbereich, der auch von der lokalen Bevölkerung gut angenommen werde, sagt Jufa.

Kärnten und Steiermark schossen jeweils 16 Millionen zu

In Kärnten waren es in Summe 16,3 Millionen Euro an Landesgeldern, die nach Hüttenberg, Hochrindl und Bleiburg flossen. Das zeigten Recherchen des Team Kärnten im Zuge der Schließungen dieser Standorte 2024. Auch in der Steiermark gingen 16 Millionen Euro vom Land in Form von sogenannten Ortserneuerungsdarlehen an Jufa. Eigentlich forderte das Land dieses Geld zurück, doch die Gruppe konnte aufgrund ihrer finanziellen Schwierigkeiten nicht zahlen. Durch die Übernahmen von Jufa müsste der neue Eigentümer eigentlich auch ins Darlehen eintreten, wie es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) heißt. Das würde bedeuten: 16 Millionen Euro an Schulden zurückzuzahlen. 

Zu den Forderungen sagt Jufa: „Wir sind im guten Austausch mit dem Land Steiermark, so wie mit all unseren Vertragspartnern, und unsere bisherigen Gespräche haben ergeben, dass sich alle Partner unterstützend für den Fortbestand der JUFA Hotels zeigen.“ Beim Land Steiermark habe sich aber noch niemand von Eoss oder Jufa gemeldet, heißt es von dort. Von der Übernahme wisse man vor allem durch die Medien.

Auch das Team Kärnten erwägt, die Förderungen an Jufa erneut zum Thema zu machen. Die Grünen in Salzburg wollen weitere mögliche Landessubventionen aus der Vergangenheit mittels parlamentarischer Anfrage herausfinden. Förderungen vom Land Salzburg habe es keine gegeben, sagt Jufa. 

Jufa Hotel Saalbach
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Vier Sterne-Hotel in Saalbach

Was passiert mit dem Immobilienvermögen?

Der Grüne Heilig-Hofbauer stellt die öffentliche Subventionierung stark infrage. Er verweist darauf, dass die Verträge an den Standorten unter anderen Voraussetzungen und mit der gemeinnützigen Stiftung oder Vereinen geschlossen wurden. Außerdem betont er, wie viel Steuergeld an Jufa floss. Er kommt auf 80 Millionen Euro an öffentlichen Geldern durch Förderungen und gestiftete Werten österreichweit. Beschlossen wurden diese günstigen Bedingungen oft mit dem Hintergedanken, mit dem Nächtigungsbetrieb Tourismus im Ort zu fördern  – und zwar auch in einer moderaten Preisklasse. Und in dem damaligen Wissen, dass Jufa als Konstrukt aus Stiftungen und Vereinen gemeinnützig agiert. Nur: Jetzt gibt es einen privaten Eigentümer.

Laut Heilig-Hofbauer handelt es sich um eine „riesige Verschiebung öffentlichen Vermögens“ in private Hände. Mit dem Einstieg eines Privatinvestors bestehe die Gefahr, dass dieses Vermögen „in dessen Sphäre abfließen wird.“ Tatsächlich änderte die Gemeinnützige Privatstiftung ihre Stiftungsurkunde 2024 so, dass nun auch Immobilienvermögen veräußert werden kann. Im Zuge der Restrukturierung sei gemeinsam mit Banken dieser Entschluss gefallen, bestätigt die Hotelkette. Aktuell seien aber keine Verkäufe geplant, betont Jufa. Oberstes Ziel sei es, sich wirtschaftlich zu stabilisieren und Rücklagen für Investitionen aufzubauen, sagen sowohl die Stiftung als auch der neue Mehrheitseigentümer. Und ein wirtschaftlich tragfähiges Modell sei die Grundlage für die Erreichung des Stiftungszwecks.


Allgemeinheit als Begünstigte

In der Stiftungsurkunde von Jufa ist die Allgemeinheit als Begünstigte angeführt. Von Jufa und Eoss heißt es, der Stiftungszweck wird unverändert bleiben. Die Jufa-Hotelidee soll unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation weiter gelebt werden, ist in der Präambel zum Kaufvertrag festgehalten. 

Ein riesiges Hotel-Imperium mit zahlreichen Immobilien mit so einer Struktur im Hintergrund sei einzigartig, sagt ein Stiftungsexperte im Hintergrundgespräch. Vom Jugendgästehaus zur Hotelgruppe, vom Vereinszweck zur Holdingstruktur – Jufa ist erwachsen geworden. Dass die ursprüngliche Idee – Urlaub für alle – noch Platz hat, müssen die neuen Eigentümer jetzt beweisen. 

Maria Prchal

Maria Prchal

ist seit 2025 Redakteurin im Digitalteam. Sie ist seit über zehn Jahren im Journalismus engagiert und hat Empirische Kulturwissenschaften sowie Moderne Südasienkunde studiert.