Eine Frau in der Milchabteilung eines Supermarktes
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Lebensmittelkauf: So fällt man nicht auf die Tricks in Supermärkten rein

Rabatte, die keine sind, Produkte, deren Inhalt ohne Hinweis schrumpft und teure Zutaten, die einfach verschwinden: Was die Regierung gegen diese Praktiken plant – und was Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkauf beachten sollten.

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Ein alter Spartrick von Omas lautet: Essig als günstigen Haushaltsreiniger verwenden. Doch selbst dieser Trick spart gar nicht mehr so viel, denn seit vergangenem Jahr stieg der Preis für Tafelessig um über 40 Prozent, seit 2021 gar um 88 Prozent. Das zeigt der Preismonitor der Arbeiterkammer. Die Regierung diskutiert, was gegen die hohen Lebensmittelpreise und falsche Werbeversprechen im Handel unternommen werden könnte – die Umsetzung wird noch dauern. 

Konsumtenschützer haben einstweilen ein paar Tipps, um nicht auf die Tricks der Produzenten und Handelsriesen hereinzufallen.

Mehr zahlen für weniger Inhalt

Der Goldene Windbeutel ist eine wenig ehrenhafte Auszeichnung der Verbraucherorganisation Foodwatch für die dreisteste Werbelüge. Heurige „Gewinnerin“ ist die Mondelez-Marke Milka. Die Tafel Alpenschokolade wurde nicht nur um 50 Cent teurer, sondern auch um 10 Gramm leichter. Ein Paradebeispiel für Shrinkflation. Häufig ist diese Shrinkflation bei Markenprodukten und hochverarbeiteten Lebensmitteln zu beobachten, meint Teresa Bauer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Aber nicht nur: Der VKI verklagte heuer Iglo, nachdem deren Lachs von 250 auf 220 Gramm schrumpfte, ohne dass das erkennbar gemacht wurde. Das Oberlandesgericht Wien gab dem VKI Recht und das Urteil ist rechtskräftig. Das Vorgehen verstößt gegen das Wettbewerbsrecht und stellt eine irreführende Geschäftspraktik dar. Iglo hat mittlerweile wieder auf 250 Gramm aufgestockt.

 Für Kundinnen und Kunden gibt es Möglichkeiten, dieses Phänomen zu erkennen. Bauer rät etwa dazu, auf Änderungen im Design zu achten. Erstrahlt ein altbekanntes Produkt auf einmal in neuer Verpackung oder wird mit Schlagwörtern wie „Limited Edition“ gearbeitet, ist Vorsicht geboten. Denn solche Veränderungen sind der perfekte Zeitpunkt oder sogar Vorwand für Hersteller, den Inhalt zu verringern. 

Eine Lösung wären genormte Verpackungsgrößen, die es für manche Lebensmittel wie Schokolade bis 2009 gab. Um den Herstellern mehr Flexibilität zu geben, wurde diese EU-Regelung aufgeweicht. Schon damals zeigten sich Verbraucherschützer skeptisch. Und auch heute befürwortet die VKI-Expertin fixierte Abfüllmengen für mehr Transparenz.

Zwei Packungen Iglo Lachs übereinander, eine zeigt 250g, die andere 220 g am
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Die Regierung will gegen Shrinkflation vorgehen, indem betroffene Produkte gekennzeichnet werden. Das Finanzministerium arbeitet noch am Entwurf, die Pflichtmarkierung soll schon Ende 2025 kommen. Vorbild ist hier Frankreich, wo es diese Regel schon länger gibt. Dagegen spricht sich der Handelsverband aus und merkt unter anderem den Ressourcenaufwand an. Bei diesem Thema seien die Hersteller in der Pflicht. Außerdem verweisen Handels-, und Industrievertreter gerne auf den Kilopreis, der im Kleingedruckten der Supermarktpreisschilder ausgewiesen wird. Doch Vergleiche sind für Konsumentinnen und Konsument oft aufwendig. Wer hat schon die Werte des vergangene Monats im Kopf? Und Online-Datenbanken sind leider oft unvollständig.

Skimpflation: Aromen statt Rohstoffe

Nicht immer wird die Menge des ganzen Produkts reduziert, sondern gerne auch die „wertbestimmenden“ Inhaltstoffe. Heißt, die Schokoladentafel ist gleich groß, aber der Kakaoanteil geringer. Dieses Phänomen heißt Skimpflation (skimp=geizen, knausern). Ein weiteres Beispiel ist Jacobs-Instantkaffee in kleinen Beuteln, erzählt die VKI-Expertin. Das Sachet wurde einfach mit weniger Kaffeepulver und stattdessen mehr Kaffeeweißer und Zucker gefüllt. Und außerdem auch noch kleiner, also ein Doppelfall von Skimp- und Shrinkflation.

Auch hier kann bereits die Verpackung des Produkts Hinweise geben, sagt Bauer. „Es ist immer gut, auf den Begriff ,Geschmack’ zu achten. Vanillegeschmack, Pistaziengeschmack, Erdbeergeschmack. Diese Auslobung weist oft darauf hin, dass mit Aromen nachgeholfen wurde und nur wenig bis gar nichts vom teuren Rohprodukt enthalten ist.“ Sie empfiehlt etwa, die Zutatenlisten zu vergleichen. Wie viel Schoko ist in den verschiedenen Schokopuddings? Genauso wie vom Wort „Geschmack“ dürfe man sich nicht von den Abbildungen täuschen lassen. Nur weil Vanilleblüten oder Kirschen zu sehen sind, heißt das nicht, dass sie auch enthalten sind. 

Aber sowohl bei der Shrinkflation als auch bei der Skimpflation bleibt es dabei: „Als Konsumentin muss ich aktuell darauf hoffen, dass ich auf Änderungen hingewiesen werde“, sagt Bauer. Vorbildlich macht es etwa Dr. Oetker auf ihrem Müsli mit der Aufschrift: Weniger Inhalt, unveränderte Qualität.

Diese Aktionen kann man sich sparen

Neben dem Plan, Shrinkflation kennzuzeichnen, gibt es von der Regierung die Vorgabe, bei Ermäßigungen den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage anzugeben. Denn Österreich ist ein absolutes Rabattland. 40 Prozent ihrer Lebensmittel kaufen Österreicherinnen und Österreicher in Aktion. Ob sie sich damit wirklich immer etwas sparen,ist aber fraglich. Oft werden die Preise kurz vor Rabattaktionen erhöht - die angebliche Ersparnis ist in solchen Fällen ein Schwindel. Deswegen sollen Geschäfte verpflichtet werden, künftig auf die Bewerbung von Preisnachlässen zu verzichten, wenn diese nicht auf dem 30-Tage-Tiefstpreis beruhen. Um das auch durchzusetzen, hat das Sozialministerium den VKI beauftragt, Klagen gegen Billa, Hofer, Spar und Lidl einzubringen. Die sind gerade in erster Instanz anhängig, Ergebnisse werden also noch auf sich warten lassen.

Rabattmarkerl und Angebote verschiedener Lebensmittelhändler
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Zeit-, statt Geldersparnis im Online-Supermarkt

Bauer rät bei Rabatten generell „zu überlegen, was brauche ich wirklich und was kaufe ich nur aus einem Impuls heraus.“ Mengen-Rabatte können außerdem zu Lebensmittelverschwendung führen. Also, vorher überlegen, mit Plan einkaufen gehen, online vergleichen. Viele schwören dabei auf den Online-Einkauf, egal ob in den Online-Shops der großen Anbieter oder in reinen Online-Supermärkten. Aber Bauer warnt vor hohen Liefergebühren oder Preisaufschlägen. Und auch im virtuellen Einkaufskorb könne schnell mehr landen, als man eigentlich benötigt. 

Online-Fans überzeugt aber vor allem die Bequemlichkeit und Zeitersparnis – gar nicht so der Preis. Das bestätigt auch der Anbieter gurkerl.at. Der Online-Anteil im österreichischen Lebensmittelhandel ist mit rund drei Prozent noch relativ gering, in Frankreich liegt er bei neun und in Großbritannien bei 11 Prozent. Aber alleine bei gurkerl.at liegt das jährliche Bestellwachstum bei über 50 Prozent.

Gemeinsam einkaufen, weniger bezahlen

Einen ganz anderen Ansatz verfolgen Mitmachsupermärkte. Schon länger gibt es selbstorganisierte Einkaufszusammenschlüsse in Österreich, die sogenannten FoodCoops. Vergangenen Freitag sperrte in Wien aber etwas Neues auf: Der erste große Genossenschaftssupermarkt Mila (Mitmachladen). Dort dürfen nur Mitglieder einkaufen, die müssen dafür einige Stunden im Monat im Geschäft arbeiten. Entscheidungen werden gemeinschaftlich getroffen. Auch dieses Modell funktioniert nach einem französischem Vorbild. 

Dadurch, dass die Personalkosten wegfallen, bleiben die Preise moderat. Auf alle Lebensmittel gibt es einen pauschalen Aufschlag von 30 Prozent. „Bei uns kann sich jeder am Regal ausrechnen, was wir im Einkauf zahlen“, hebt Geschäftsführer David Jelinek die Transparenz dieses Modells hervor. Wenn es gut läuft, könnten es auch weniger werden. Das Vorbild La Louve in Frankreich sei gerade bei 22 Prozent. 

Aber Jelinek ist realistisch und weiß: Ein Modell, das auf ehrenamtlicher Arbeit basiert, kann die konventionellen Supermärkte nicht ersetzen. Jetzt ist ihr Plan einmal, mit ihren über 1.000 Mitgliedern das Lokal in Meidling mit 350 Quadratmeter Verkaufsfläche gut zu bespielen. 

zwei Frauen vor einem Tiefkühlregal
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ÖGB fordert Kommission wie zur Euro-Einführung

Die hohen Preise bleiben aber trotz aller Tipps bestehen. Der ÖGB fordert deswegen eine Anti-Teuerungskommission und eine Preisdatenbank. Vorbild für diese Kommission soll die Preiskommision von ÖGB und Arbeiterkammer zur Euro-Einführung sein. Die kümmerte sich damals um die Preisbeobachtung sowie Kontrollen bei der Währungsumstellung und bearbeitete Beschwerden aus der Bevölkerung, wenn bei der Umstellung von Schilling auf Euro gar zu stark aufgerundet wurde.

Allergisch reagierte auf die Idee einer Preis-Datenbank Industrie-Vertreter Günter Thumser in einem Standard-Interview. Dadurch würde die Wirtschaft endgültig geknebelt. Auch Handelsvertreter wehren sich gegen die ihrer Meinung nach dadurch steigende Bürokratie.

Dazu kommen wird es vorerst ohnehin nicht, wie auch SPÖ-Staatssekretärin für Konsumentenschutz, Ulrike Königsberger-Ludwig bestätigt: Anti-Teuerungskommission und Preisdatenbank sind zwar aktuell nicht geplant, auch wenn man sie nicht ausschließt. Bis Ende des Jahres wolle man sich entlang der ganzen Wertschöpfungskette anschauen, wo der „Wurm drinnen“ ist und dann gezielt handeln, heißt es aus ihrem Büro vage. Mehr Transparenz sei auf jeden Fall ein Ziel.

Und was ist mit dem Vorschlag von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, der eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel vorschlug? SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) äußerte sich dazu eher skeptisch. 

Der tägliche Einkauf bleibt also teuer – egal ob mit Rabattpickerln, Online oder in der Einkaufsgemeinschaft.

Maria Prchal

Maria Prchal

ist seit 2025 Redakteurin im Digitalteam. Sie ist seit über zehn Jahren im Journalismus engagiert und hat in verschiedenen Medien publiziert.