Teenager-Blattkritik: „profil lesen = minus Aura?“

Habt ihr in eurem Leben schon einmal ein profil in der Hand gehabt?

Anna

Nein. Die Frau Professor hat uns gesagt, dass wir dieses Interview mit profil machen, und ich habe nicht einmal gewusst, was das ist.

Aurelia

Was das profil ist, war mir schon klar. Das Format des Magazins kommt mir auch bekannt vor. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es schon einmal in der Hand gehalten habe.

Martina

Ich weiß es auch nicht. Als ich im Kindergarten war und meine Mama arbeiten musste, war ich immer bei der Oma. Die hat jeden Tag eine andere Zeitung gelesen. Vielleicht war das profil da mal dabei.

Haben eure Familien Print-Abos?

Anna

Wir kriegen immer die „Bezirkszeitungen“, die Kirchenzeitungen und die „NÖN“. Quasi die regionalen Zeitungen. Und wir haben die „Neue Post“ als Abo. Die lese ich immer am liebsten wegen der ganzen Klatschsachen.

Aurelia

Wir haben „Freizeit“ und den „Kurier“, glaube ich. Und meine Oma hat jede mögliche Klatschzeitung. Da ist dann immer Florian Silbereisen am Cover, das schaue ich mir dann gar nicht an

Martina

Wir haben auch die „Bezirkszeitungen“. Aber ich schaue mir das nicht so genau an.

Wo holt ihr selbst eure Infos her?

Anna

Eigentlich nur über Social Media. Zum Beispiel über den Account der „Zeit im Bild“.

Aurelia

Die „Zeit im Bild“ schauen wir aber auch. Und davor „Niederösterreich heute“.

Anna

Aber im Fernsehen werden meist nur die negativen Sachen gezeigt, und das ist ein bisschen entmutigend.

Was bräuchte es, damit ihr Nachrichten über traditionelle Medien konsumiert statt auf Social Media?

Anna

Die Inhalte im Internet werden meistens interessanter gestaltet. Wenn in einer Zeitung schon am Anfang nur über Politik berichtet wird, interessiert mich das nicht so sehr, dass ich es wirklich lese. Im Internet sind die Inhalte eher auf unsere Zielgruppe zugeschnitten.

Bei welchem Thema klickst du immer drauf?

Anna

Naturkatastrophen. Dazu würde ich mir vielleicht auch etwas in der Zeitung anschauen. Aber im Internet habe ich Videos dazu und in der Zeitung höchstens ein Bild. Und es ist meist nicht so interessant aufgemacht wie online.

Aurelia

Ich muss in der Früh immer 20 Minuten am Bahnhof warten. In der Unterstufe hatte ich noch eine Bildschirmsperre, also keinen Zugriff auf die sozialen Medien. Da habe ich immer die „Heute“ gelesen. Tatsächlich habe ich mir da fast immer nur die Unfälle angeschaut oder wenn es eine Bombendrohung an einer Schule gab oder so. Den Sportteil habe ich immer ausgelassen, Politik auch. Ich würde auch keine Zeitung in die Hand nehmen, weil es mir zu fad formuliert ist. Politik schaue ich mir auch auf den sozialen Medien nur an, wenn das Thema wirklich auf ein für mich verständliches Niveau heruntergebrochen wird.

Martina

Ich bin sehr an Politik interessiert, und Zeitungen fassen das gut zusammen. Aber die Zeitung musst du abonnieren oder am Bahnhof kaufen. So schaust du halt TikTok, und irgendwann bekommst du die Nachrichten eh mit.

Fühlt ihr euch über Social Media denn ausreichend informiert?

Anna

Ja. So ein Video ist meistens ohnehin ein bisschen länger. Und wenn du mehrere Videos zu einem Thema eingespielt kriegst, hast du auch verschiedene Perspektiven.

Aurelia

Was mich schon stört: Auf TikTok gibt es kaum seriöse Erwachsene, die sagen: So ist das wirklich.

Der Algorithmus passt sich an eure Vorlieben an. Wenn du, Anna, dich besonders für Naturkatastrophen interessierst und nicht für Politik, bekommst du mehr Videos von Naturkatastrophen und weniger über Politik.

Martina

Das stimmt.

Anna

Aber wenn man zum Beispiel auf Instagram einfach nur durch den Feed scrollt oder den Account der „Zeit im Bild“ abonniert hat, sieht man ja alles. Auf Instagram ist der Algorithmus nicht so spezifiziert. Deshalb glaube ich schon, dass ich alles mitkriege, was ich wissen muss.

Aurelia

Wirklich wichtige Nachrichten werden ja viel gelikt. Das wird dann auch jedem angezeigt, egal ob man das Thema regelmäßig konsumiert oder nicht. Aber wenn die Martina in der Schule etwas über Politik erzählt, das nicht grad voll Mainstream ist, habe ich das oft davor nicht mitbekommen. Das stört mich dann schon.

Wir haben euch ein paar Ausgaben von profil mitgebracht, ihr habt die ein bisschen durchgeblättert. Habt ihr Feedback für uns?

Aurelia

Ich mag die Cover. Es steht nicht so viel drauf, sondern immer nur ein Thema. Das finde ich cool. Aber es kommt natürlich aufs Thema an. Das Magazin [zu Jan Marsalek] würde ich zum Beispiel nicht aufschlagen. Und das auch nicht [zu Verbrenner-Autos]. Das ist kein einladendes Cover.

Also euch ist abseits der Themen auch eine gewisse Ästhetik wichtig?

Alle

Ja.

Gibt es von den profil-Magazinen vor euch eines, das ihr euch kaufen würdet?

Anna

Das! [Anna und Aurelia greifen zum Taylor-Swift-Cover]

Aurelia

Und ich glaube, das [zum Ende der blau-schwarzen Regierungsverhandlungen].

Anna

Ja, das ist einfach cool.

Aurelia

Das [zu den Femiziden in Österreich] ist mir ein bisschen zu depressiv.

Anna

Ich glaube, ihn [Jan Marsalek] würde ich mir am allerwenigsten kaufen.

Aurelia und Martina

Ja, ich auch.

Martina

Da ist noch eins. Das ist auch ein bisschen …

Aurelia

„Kriminelle Kinder“? Das schauen wir uns nicht an.

Man bekommt das Gefühl, dass euch Themen, die negativ besetzt sind, nicht besonders abholen?

Anna

Das ist doch ein natürlicher Instinkt, dass man da lieber wegschaut. Es ist halt alles immer so schlimm, und dann wird man selbst traurig. Ich glaube, wir wollen einfach alle nicht wirklich wissen, was Schlimmes abgeht.

Außer bei Naturkatastrophen?

Aurelia

Ja, wenn ein Foto von einem Vulkanausbruch am Cover wäre, würde ich mir das schon mitnehmen.

Habt ihr außer Taylor Swift eine Geschichte in einem der Hefte gefunden, die ihr gerne lesen würdet?

Anna

Also da ist was mit JJ, das finde ich gut. Und der Text über das Filmfestival in Cannes würde mich interessieren – da geht es sicher auch um Celebrities.

Martina

Da finde ich das zu Trump interessant. Und wenn man Bilder von irgendwelchen Politikern sieht, wo man sich denkt: Ah, der hat schon wieder etwas Blödes gemacht.

Das ist lustig. Denn eigentlich wird man im profil relativ oft fündig, wenn Politiker etwas Blödes gemacht haben.

Aurelia

Mich interessiert der Text zu Mauthausen. Und der Report über die Reinigungskräfte – oh nein, René Benko!

Bei René Benko hast du das Heft gleich zugeschlagen.

Aurelia

Ja. Aber das ist mir auch viel zu lang. Ich glaube, so einen langen Text würde ich mir über nichts durchlesen.

Sind euch unsere Artikel generell zu ausführlich?

Anna

Es ist schon viel Text und klein geschrieben. Wenn man das erste Mal hinschaut, dann denkt man sich: Puh, will man sich das jetzt wirklich alles durchlesen?

Aurelia

Na ja, wenn es dich packt, dann schon. Aber nicht das über die Schlangen [Artikel über Tierexporte aus Österreich nach Indien].

Anna

Wir sind sicher geschädigt von den sozialen Medien, weil da alles viel kürzer ist. Wir sind es gar nicht mehr gewöhnt, so lange Texte zu lesen.

Gibt es Themen, die Medien eurer Meinung nach zu wenig behandeln?

Aurelia

Das ist eine gute Frage. Ich glaube, es wird eigentlich über alles sehr viel berichtet. Aber wahrscheinlich bin ich über die Sachen, über die ich zu wenig informiert bin, zu wenig informiert.

Martina

Manchmal fehlen vielleicht ein paar positive Berichte. Natürlich, es passieren viele negative Sachen, das ist einfach ein Fakt. Aber es wäre schon mal eine coole Abwechslung, wenn es nicht immer nur heißt: Das läuft gerade schief, da geht die Welt gerade unter, und das ist gerade schrecklich.

Wenn wir den Spieß umdrehen: Wie stellt ihr euch eigentlich vor, dass wir als Journalistinnen und Journalisten arbeiten?

Aurelia

Man sucht nach einem Thema, über das man schreiben kann. Dann muss man Recherche betreiben. Und dann wird in die Tastatur gehaut.

Anna

Ich stell mir das schwierig vor. Man soll eine seriöse Plattform sein, eine verlässliche Quelle. Aber als verlässliche Quelle eine andere verlässliche Quelle finden, von der man richtige Informationen bekommt, braucht sicher viel Recherche.

Martina

Ja, und man muss immer informiert sein, was gerade los ist und was die Leute lesen wollen.

Glaubt ihr, dass wir das gut genug machen?

Anna

Ich finde schon. Ich meine, ihr habt Taylor Swift am Cover.

Aurelia

Und man hat im Gespräch ja gemerkt: Jeder von uns hat jetzt im profil etwas gefunden, das wir durchlesen würden.

Was müssten wir machen, damit ihr euch öfter denkt: Jetzt möchte ich ein profil lesen?

Aurelia

Wenn es immer eine fixe Sache gibt, also ein Thema, von dem ich weiß, das habt nur ihr, und das interessiert mich, dann würde ich das sicher lesen.

Martina

Im Prinzip sind in so einem Heft ja sehr viele Themen drinnen, damit im besten Fall eine große Bandbreite an Leuten gleichzeitig angesprochen wird. Das heißt halt oft, du hast ein Heft, und die Hälfte von den Artikeln dort interessiert dich eigentlich nicht wirklich. Vielleicht macht es das ein bisschen unattraktiver.

Geht ihr eigentlich manchmal auf die Websites von Zeitungen?

Aurelia

Wirklich ungern. Ich finde, die sind total unübersichtlich. Da ist es wirklich schwierig, etwas zu finden, was ich dann lesen möchte.

Anna

Meine Mutter schaut immer auf der ORF-Homepage, was es Neues gibt. Da sind schon auch coole Themen manchmal.

Machst du das auch?

Anna

Ich habe das Gefühl, bevor ich auf Google nach einer Zeitung suche, bin ich schon auf Instagram.

Wir wollen als profil auch junge Menschen besser ansprechen. Habt ihr eine Idee, welchen Titel wir diesem Interview dafür am besten geben sollten?

Aurelia

Man muss einen lustigen Wortwitz einbauen. Ah, und ein Jugendwort.

Anna

profil lesen = minus Aura?