Norbert Hofer
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Hofers langer Abschied: Was hinter seiner Rücktrittsankündigung steckt

Norbert Hofer verlässt die Politik. Es ist der Abschluss eine Entfremdung, die begann, als er von Herbert Kickl aus dem FPÖ-Vorsitz gemobbt wurde.

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Am 1. Juni 2021 unternimmt Herbert Kickl mit einer Schar von Vertrauten, Funktionären und Journalisten eine Wanderung. Beim Abstieg vom auf 1361 Metern gelegenen Waxriegelhaus am Fuße der Rax herrscht plötzlich Aufregung. Auf ihren Handys lesen Kickl, dessen Entourage und die Berichterstatter die Eiltmeldung, Norbert Hofer habe auf Twitter soeben seinen Rücktritt als FPÖ-Obmann bekanntgegeben. Es herrscht Konfusion. Funklöcher erschweren das Telefonieren. Herbert Kickl lässt Freunde, Funktionäre und Journalisten stehen und fährt mit dem Dienstwagen zurück nach Wien.

Gestern, kurz vor Mittag, überrascht Hofer erneut, nicht über Twitter (heute: X), sondern in einem klassischen Interview mit der Austria Presse Agentur. Er überlege, sich zum Jahreswechsel aus der Politik zurückzuziehen. Es gebe laufend Angebote aus der Privatwirtschaft, als FPÖ-Klubobmann im burgenländischen Landtag habe er aber ein gesetzliches Berufsverbot. 

Hofers Beteiligungen

Am Nachmittag meldet der „Kurier“, Hofer werde zweiter Geschäftsführer der Wiener Beteiligungsgesellschaft Binder-Leitl Investment GmbH, die neben Geschäftsführer Andreas Binder, einem Ex-FPÖ-Politiker, dem früheren Wirtschaftskammer-Präsidenten Christoph Leitl gehört. Beide halten jeweils 40 Prozent der Gesellschaftsanteile. Je fünf Prozent gehören dem früheren burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), dem blauen Nationalratsabgeordneten Hubert Fuchs, dem früheren ÖVP-Politiker Karlheinz Kopf sowie Hofer selbst. Das Unternehmen, das erst vor einem Jahr gegründet wurde, ist mit 45 Prozent an der Wiener BBL-Energy Invest beteiligt, die von einem weiteren Ex-Politiker, dem langjährigen SPÖ-Abgeordneten Peter Wittmann, geleitet wird. 

Im Firmenbuch wird Hofer dazu als Drittel-Gesellschafter der Vitesse Consulting & Management GmbH geführt, die sich derzeit in Liquidation befindet. Über das Unternehmen vertrieb Hofer ab 2023 ein Nahrungsergänzungsmittel, die „Formula Fortuna“-Kapseln. Er selbst sprach von einem „Wohlfühlmittel“, das zudem eine „stärkende“ Wirkung habe. Nachhaltig erfolgreich war das Produkt offenbar nicht. 

Aus der Obmannschaft gemobbt

Es war ein langer Abschied aus der Politik. Im Frühjahr 2021 wurde Hofer, damals Dritter Nationalratspräsident, von Herbert Kickl, damals FPÖ-Klubobmann, regelrecht aus der FPÖ-Obmannschaft gemobbt. Es war die Zeit, als Kickl bei Wut-Auftritten auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen seine Eignung zum Parteichef erkannte. Norbert Hofer nahm an keinen Demos teil. Er kritisierte die Maßnahmen der Regierung, hielt sie aber für zulässig. Er selbst zählte aufgrund seiner Behinderung zu den gefährdeten Gruppen im Falle einer Covidinfektion. Im Gegensatz zu Kickl ließ sich Hofer impfen.

Nach seinem Rücktritt von der FPÖ-Spitze zog sich Hofer ohne Murren („Ich bin keiner, der irgendwem besonders lange böse sein kann ganz“) auf sein Amt als Dritter Nationalratspräsident zurück. Bei der Nationalratswahl vor einem Jahr kandidierte er als Spitzenkandidat im Burgenland. Nach dem Wahlsieg der FPÖ wäre Hofer für den Posten des Nationalratspräsidenten prädestiniert gewesen, doch Kickl bevorzugte den ihm ungefährlichen Parteisoldaten Walter Rosenkranz. Wiederum ließ sich Hofer seine Enttäuschung nicht anmerken.  

Statt Zweiter Mann im Staat zu sein, wurde er Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im Burgenland im heurigen Jänner. Seine Hoffnung, Wahlsieger und damit Landeshauptmann zu werden, erfüllte sich nicht. Und auch der Posten des Landeshauptmann-Stellvertreters blieb ihm verwehrt. Hans Peter Doskozil, SPÖ, ging lieber eine Koalition mit den Grünen ein. „Herbert Kickl ist ein Orca“, meinte Hofer im August etwas kryptisch im profil-Interview.

„The world in Vorarlberg is too small“, schrieb 2007 der frühere Vizekanzler Hubert Gorbach, FPÖ, als er sich nach seinem Abschied aus der Politik für internationale Jobs bewarb. Dem begeisterten Pinkafelder Norbert Hofer ist zwar nicht die burgenländische Welt, aber die burgenländische Politik offenbar „too small“ geworden. 

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.