August Wöginger im Nationalrat
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Wöginger kriegt sein Geld zurück: 5 Fakten zur Prozess-Wiederholung

Die Causa Postenschacher um ÖVP-Klubchef August Wöginger muss neu aufgerollt werden. Mit überraschenden Folgen: Er kriegt vorerst sein Geld zurück und wird wieder vor derselben Richterin stehen.

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Zurück an den Start: Der Prozess gegen ÖVP-Klubchef August Wöginger in der Postenschacher-Causa muss neu aufgerollt werden. Das entschied gestern das Oberlandesgericht Linz, das die Diversion für die drei Angeklagten aufhob.

Mit der Diversion waren Wöginger und die anderen Angeklagten nach Ansicht vieler Beobachter milde davon gekommen. Die ÖVP wertete die Entscheidung überhaupt wie einen Freispruch. Und der ÖVP-Ehtikrat stellte dem Klubchef einen Persilschein aus.

Die Neuauflage des Prozesses hat nun fünf überraschende Folgen. 

1. Postenschacher ist kein Kavaliersdelikt

Zu früh gefreut. Obwohl die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nach der Diversion meinte, dass in dem Fall die Voraussetzungen für eine Diversion „gerade noch gegeben“ wären, musste die Anklagebehörde auf Verlangen der Oberstaatsanwaltschaft Wien - nach Zustimmung des Justizministeriums - dann doch Rechtsmittel einbringen.

Das Oberlandesgericht (OLG) entschied am gestrigen Mittwoch: Die Diversion wird aufgehoben. Bei einem Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt sei eine Diversion generell nur "in gerade atypisch leichten Fällen zulässig", heißt es in der Begründung.

Der „Postenschacher-Fall“ von Wöginger und den zwei mitangeklagten Finanzbeamten erfülle allein schon, weil die Republik der übergangenen, bessergeeigneten Bewerberin Schadenersatz zahlen musste, „nicht mehr das Kriterium einer bloß unbedeutenden Schädigung". Zudem habe die Bestellung der nicht bestgeeigneten Führungskraft das Ansehen der öffentlichen Verwaltung und das Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen und deren Arbeit „erheblich beeinträchtigt“.

Das Oberlandesgericht hält damit fest: Es handelt sich bei Postenschacher, bei politischen Besetzungen in der öffentlichen Verwaltung, nicht um ein Kavaliersdelikt. Das widerspricht den „Bürgeranliegen“-Rufern in der Volkspartei sowie der ÖVP-Ethikkommission deutlich, die Wöginger einen Persilschein ausgestellt hatte. Die Causa muss zurück an den Start - und vor Gericht zumindest aufgearbeitet werden.

2. Es verhandelt dieselbe Richterin

Zu früh freuen sich aber auch alle, die mit der Aufhebung der Diversion automatisch von einem einen Schuldspruch ausgehen. Der neuerliche Prozess kann auch mit einem Freispruch enden – für Wöginger und die beiden mitangeklagten Finanzbeamten gilt die Unschuldsvermutung. 

Österreich kann, wenn es um Korruption geht, nicht auf die strengsten Gesetze verweisen. Wie einzelne Chats oder die Aussagen von Kronzeuge Thomas Schmid von den Schöffen bewertet werden, ist nicht vorhersehbar.

Die Prozesswiederholung führt übrigens dieselbe Richterin, die auch schon den ersten Prozess, der so schnell mit Diversionen endete, verhandelt hat, bestätigte das OLG gegenüber profil.

3. Wöginger bekommt Geld zurück

Durch die Aufhebung der Diversion bekommt Wöginger sogar seine bezahlte Geldbuße - 44.000 Euro – zurück.

Abgesehen von etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen – einen Termin für den neuen Prozess gibt es freilich noch nicht  - hat der ÖVP-Politiker politische Konsequenzen eher nicht zu befürchten.

4. Die Personaldecke der ÖVP ist dünn

Bisher hat die ÖVP eisern an ihrem Klubchef festgehalten. Die Volkspartei stehe weiter hinter ihm, teilte Generalsekretär Nico Marchetti sofort nach der Veröffentlichung der OLG-Entscheidung am Mittwoch mit. Etwaigen Ersatz für den erfahrenen Politiker zu finden, dürfte der ÖVP schwerfallen.

Zudem gilt „Gust“ auch bei den anderen Parteien als wichtiger Verbinder und beliebter Ansprechpartner - allem voran in der Koalition. Das gute persönliche Verhältnis der Klubchefs trägt viel zum Funktionieren der Regierung bei. Das erklärt wohl auch die zurückhaltenden Reaktionen der anderen Fraktionen in der Causa Postenschacher.

5. Die Übergangene hat wenig davon 

Selbst bei nachgewiesenen Postenschacher-Fällen behalten die ins Amt Geschobenen ihren Posten - und die Übergangenen bekommen bestenfalls eine finanzielle Entschädigung. Jener Profiteur in der Causa Wöginger, ein Parteikollege des heutigen ÖVP-Klubobmanns, der diesem als engagierter Bürgermeister bekannt wurde, hat den Job mittlerweile gar nicht mehr. Und auch die übergangene langjährige Finanzbeamtin ist mittlerweile im Ruhestand. Immerhin: Im neuaufgerollten Prozess wird sie zumindest als Zeugin angehört werden.

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Konstantin Auer

Konstantin Auer

seit 2025 im Digitalteam des profil, davor bei PULS24 und Kurier. In seinen Recherchen geht es meist um soziale Ungerechtigkeiten, menschliche Abgründe und juristische Herausforderungen im Graubereich zwischen Chronik und Politik.