
Die dritte Veranstaltung von "Unbequeme Wahrheiten" am 17. September befasste sich mit der Beziehung zwischen profil und der FPÖ.
Strache: „Die FPÖ war immer der Lieblingsgegner des profil“
Es war ein Abend zu einer langen und konfliktreichen Geschichte, der bewusst als gepflegtes Streitgespräch angelegt war. Am gestrigen 17. September diskutierten profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer und Innenpolitik-Chef Gernot Bauer im Theater Akzent mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, dem FPÖ-nahen Publizisten Andreas Mölzer und Eva Linsinger, heute beim ORF-Report und zuvor Innenpolitik-Chefin von profil. Dabei wurden Positionen abgesteckt, Salz in alte Wunden gestreut und aktuelle Bruchstellen im Verhältnis zwischen profil und der FPÖ diskutiert.
Eine Geschichte ohne Missverständnisse
Bei seiner Ersterscheinung am 7. September 1970 titelte profil mit der Schlagzeile: „FPÖ – zwischen Macht und Pleite“. Damit begann eine jahrzehntelange publizistische Auseinandersetzung: ein liberales Magazin, das Bürgerrechte und Medienfreiheit verteidigt, trifft auf eine Partei, die erstere als „Inländerrechte“ versteht und zweitere mit Kritik an den „Systemmedien“ versieht.
Da kam es oft zu Reibereien. Mehr als 50 Mal zierte der ehemalige FPÖ-Vorsitzende Jörg Haider das Magazin-Cover. Was den Freiheitlichen missfiel, werteten andere als Werbung für Haider. Das profil als „Haider-Macher“ zu bezeichnen, wäre jedenfalls vermessen, so Innenpolitik-Chef Gernot Bauer. Zum einen seien FPÖ-Wählerschaft und profil-Leser nicht deckungsgleich. Zum anderen war Haider damals in der gesamten Medienlandschaft präsent. Kritische Berichte im profil hätten der FPÖ geschadet, nicht genützt.
Natürliches Gegenüber
„Journalisten und Politiker sollen ein natürliches Gegenüber darstellen”, erklärte dazu profil-Chefredakteurin Thalhammer am Diskussionsabend. Das gelte im Übrigen für Vertreter:innen sämtlicher Parteien.
Trotz schwieriger Beziehung konstatierte Eva Linsinger der FPÖ ein „historisches Verdienst”: Das Aufbrechen des schwarz-roten Proporzes durch die Freiheitlichen Ende der 1990er Jahre bedeutete das Ende der polit-journalistischen Verhaberung. Die Parteibücher gehörten damals zur Grundausstattung des Journalisten, wie Stift und Notizblock – dementsprechend gefärbt war auch die Berichterstattung.
Es ist eine gute journalistische Woche, wenn danach alle Parteien sauer sind.
Diese gängige Freunderlwirtschaft - oder das „auf Bussi Bussi sein”, wie Strache es nennt - war weitgehend Männersache: „Ich habe immer damals den Vorteil gehabt, dass ich erstens nicht aus Wien kam (...) und, dass ich eine Frau war – das war eine Außenseiterinnenposition,” erzählte Linsinger. Sie begrüßt den Strukturwandel hin zu mehr Unabhängigkeit im Journalismus. Seither hat sich nicht nur der Frauenanteil in den Medien und der journalistische Zugang zur Politik, sondern auch die politische Landschaft selbst erheblich verändert.
„Es ist eine gute Woche, wenn alle Parteien sauer sind.”
Wer 55 Jahre zurückschaut, beschäftigt sich auch mit der Gegenwart. Bei der FPÖ kommt man dabei nicht um Parteichef Herbert Kickl herum. Zunächst will Strache mit einem Mythos aufräumen: Kickl sei gar nicht der Kopf hinter seiner und Haiders Reden gewesen. Trotzdem hat Strache auch nette Worte für seinen Nach-Nachfolger übrig: Er sei nicht an den gescheiterten Regierungsverhandlungen schuld, sondern die ÖVP. „Der Herbert wird gerührt sein, dass du sein Haupt verteidigst", sagte Mölzer.
Gernot Bauer bezeichnete Straches Aussagen als „alternative Fakten”. Kickl mangle es schlicht an Verhandlungsgeschick. Er hatte nunmal keine Absolute und das habe er scheinbar nicht gewusst. Für Mölzer dagegen war es verständlich, dass Kickl nicht weiterverhandeln wollte, sonst wäre er ja zum „Frühstücksdirektor und schwarzen Marionette” geworden.
Fortsetzung im Oktober
Nachzuhören gibt es die Veranstaltung alsbald im Podcast „Nicht zu fassen”.
Weiter geht es mit „Unbequeme Wahrheiten” am 17. Oktober 2025 im Theater Akzent. Im Fokus wird die Waldheim-Affäre stehen, bei der profil 1986 die NS-Vergangenheit des ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim enthüllte.