Drei Visitenkarten in verschiedenen Farben und Designs. Oben links: 'Lina Müller', 'Carbon Removal Supply Manager', Kontaktinformationen. Mitte: 'Alan Yanar', 'Creative Lead, Product Developer', Kontaktinformationen. Unten: 'Marie Mayor', 'ETSD Data Steward', Kontaktinformationen.
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Die Klimajobs von morgen

Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft lässt hunderttausende neue Jobs entstehen. Wo die größten Karrierechancen liegen und welche Ausbildungen und Qualifikationen darauf vorbereiten.

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„Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“, heißt es. Bei einem sind sich die Expert:innen aber ziemlich einig: Klimaschutz ist ein (emissionsfreier) Jobmotor. „Der grüne Wandel könnte bis 2030 eine bis zweieinhalb Millionen neue Jobs schaffen“, stellte die Europäische Kommission 2023 in ihrer Überprüfung zur Beschäftigung und sozialen Lage in Europa (ESDE) fest. 

„Die Transformation bringt neue Berufsbilder hervor, verändert bestehende Funktionen und verlangt nach zusätzlichen Qualifikationen. Dieser Wandel ist nicht nur regulatorisch bedingt, sondern ebenso gesellschaftlich und wirtschaftlich notwendig“, kann auch Mirjam Ernst, Director der Nachhaltigkeitsberatung EY denkstatt, bestätigen. Die Folge: Spätestens bei der übernächsten Firmenweihnachtsfeier werden ESG Data Stewards (bauen verlässliche, prüfbare ESG-Datenpipelines und pflegen Reporting-Standards) und Circularity Systems Architects (planen Produkt- und Materialkreisläufe), Green Finance Product Developer (entwickeln nachhaltige Finanzprodukte) oder Carbon Removal Supply Manager (beschaffen, prüfen und bündeln CO₂-Zertifikate) mit am Tisch sitzen.

Nachhaltigkeits-Know-how ist in den kommenden Jahren aber nicht nur bei ausgewiesenen Expert:innen gefragt. „Unternehmen integrieren zunehmend Nachhaltigkeitsaufgaben in ihre bestehenden Strukturen – oft aus Kosten- oder generell aus Ressourcengründen. Insofern ist Nachhaltigkeit am Jobmarkt prägend, da viele Funktionen innerhalb von Unternehmen mit zusätzlichen Nachhaltigkeitskompetenzen ausgestatten sein müssen, wie Controlling und Rechnungswesen, Einkauf, HR, Compliance, Kommunikation & Marketing, Operations und so weiter“, so Mirjam Ernst.

Karriere mit grüner Lehre

Um am grünen Jobmarkt erfolgreich zu sein, wird es daher 2030 nicht unbedingt einen fancy Jobtitel auf der Visitenkarte brauchen. Das AMS klassifiziert 536 Berufe als Green Jobs – von der Fahrradmechatronikerin bis zum Werkstoffwissenschaftler, vom Dachdeckermeister bis zur CAM/CAD-Programmiererin. Doch Bewerber:innen sind rar. Eine jobsichere und finanziell lukrative Zukunft versprechen deshalb auch viele grüne Lehrberufe. Zum Beispiel jene, die am Klimaschutz-Ausbildungszentrum für Technische Berufe in Sigmundsherberg bei Horn unterrichtet werden. „Die jungen Erwachsenen, die zu uns kommen, wollen nicht nur einen spannenden Beruf lernen“, sagt Martin Svoboda, der Leiter des Ausbildungszentrums. „Sie sind auch viel sensibilisierter für gesellschaftliche Probleme als meine Generation. Diese jungen Leute wollen wirklich etwas für den Klimaschutz tun.“

Ein Mann steht vor einem technischen Ausbildungszentrum und verbindet Kabel an einem Schaltschrank mit verschiedenen Anschlüssen. Ein Computer steht auf dem Tisch.
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Ein Mann mit kurzen Haaren und schwarzem T-Shirt steht vor einer technischen Anlage mit vielen Rohren und Kabeln. Im Hintergrund sind weitere technische Geräte und Arbeitsplätze sichtbar.
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Der Crashkurs mit Vier-Tage-Woche („Auch ein kleiner Beitrag für den Klimaschutz, weil viele 60, 70 Kilometer weit anreisen müssen“) startet gleich zu Semesterbeginn mit einer Awareness-Maßnahme: dem Energieführerschein. „Da schauen wir uns an, wie viel ein Herd verbraucht oder was die Stromfresser in einem Haushalt sind. Und diskutieren dann in der Runde, wo man selbst einen Beitrag leisten kann.“ Ihr gesellschaftliches Engagement wird sich für die derzeit 90 Installateur:innen, Kälteanlagentechniker:innen oder Elektrogebäudetechniker:innen in spe wohl auch persönlich lohnen. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Pension, wir haben in den Handwerksberufen einen riesigen Nachwuchsbedarf. Man weiß nie, wie sich die Wirtschaft entwickelt, aber ich traue mich zu sagen: Unsere Absolvent:innen brauchen bestimmt keine Angst zu haben, später keinen Job zu finden.“ 

Technik und KI-Kompetenz

Besonders gefragt seien derzeit all jene, die mit der Umsetzung der Energiewende zu tun haben, sagt Jan Strohschein, Geschäftsführer der Job-Plattform greenjobs:
„Etwa Handwerker:innen, die Windräder, Solaranlagen, aber auch Heizungskeller ein- und aufbauen und später in Stand halten. Außerdem Menschen, die Maßnahmen zum Klimaschutz planen und dazu beraten. Hier beobachten wir bei Städten und Gemeinden eine Verlagerung hin zum Klimaanpassungsmanagement, da der Klimawandel kommt und wir darauf reagieren müssen.“ 

Wer bei uns eine Ausbildung macht, will nicht nur einen spannenden Beruf lernen, sondern etwas für den Klimaschutz tun.

Martin Svoboda, Klimaschutz-Ausbildungszentrum

Und wo kann man bei der Gehaltsverhandlung am mutigsten pokern? „Alle Jobs, die im Umweltbereich schlecht für Quereinsteigende geeignet sind, sind eher gut bezahlt“, so Strohschein. „Jobs, die ingenieurwissenschaftliches oder naturwissenschaftliches Wissen voraussetzen, gehören dazu. Ebenso werden gut qualifizierte Handwerker:innen händeringend gesucht und können mit guten Angeboten rechnen.“ Das As im Ärmel beim Bewerbungsgespräch sind aber quer durch alle Branchen fundierte KI-Kenntnisse: „Jedes Unternehmen, jede Organisation schaut inzwischen, wie und wo es KI einsetzen kann. Daher werden auch für grüne Jobs dringend Expert:innen gesucht, die sich mit KI auskennen, Prompts schreiben und vor allem KI-Modelle entwickeln und implementieren können.“ Und der nicht gerade klimafreundliche Ressourcenverbrauch von KI? Steht auf einem anderen Blatt. 

Fünf Ausbildungswege mit Top-Potenzial

Green Building Engineering
  •  Masterstudium BOKU Wien
  • Seit Wintersemester 2023/24
  • Fokus auf nachhaltige Bauweise und Materialien
European Green Transformation
  • Online-Studium FH Joanneum Salzburg
  • berufsbegleitend 2025
  • Fokus auf Management, Recht und Leadership
Umweltmanagement 
  • Bachelor-Studium FH
  • Joanneum Salzburg
  • Berufsbegleitend ab 2025
  • Spezialisierung in Umwelt, Energie und Mobilität
Nachhaltigkeitsmanager:in
  • Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte
  • Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
  • zu 95 Prozent online
Green Chemistry
  • Masterstudium TU Wien mit BOKU und Uni Wien
  • seit 2022
  • Fokus auf Nachhaltige Chemie und Kreislaufwirtschaft

Text: Alexander Lisetz