
Faktencheck: FPÖ verharmlost Zahl rechtsextremer Straftaten
Faktencheck: FPÖ spielt rechtsextreme Tathandlungen herunter
die linke Szene [jammert] unermüdlich über den angeblichen Anstieg rechter Straftaten – bei denen es sich in Wahrheit fast ausschließlich um sogenannte Meinungsdelikte im Internet handelt, weil patriotische Positionen kriminalisiert werden (...)
in einer Aussendung des FPÖ-Parlamentsklubs am 20.09.2025
Falsch
Die FPÖ nimmt Anleihen bei US-Präsident Donald Trump. Als Gefahr sehen die Freiheitlichen nicht etwa die zahlreichen Waffenfunde der Behörden bei Rechtsextremen und Neonazis, zuletzt etwa im Umfeld von Gottfried Küssel.
Nein, dazu äußert sich der sogenannte Linksextremismussprecher der FPÖ im Nationalrat, Sebastian Schwaighofer, auch auf Nachfrage von profil nicht.
Tatsächlich verzeichnete die DSN von 2023 auf 2024 einen Anstieg rechtsextremistisch motivierter Tathandlungen. Die Zahl der gemeldeten Vorfälle stieg von 1208 auf 1486 Meldungen. Ein Plus von 23 Prozent. Aus den gemeldeten Tathandlungen ergaben sich zuletzt 2346 Delikte, die zur Anzeige gebracht wurden. Eine Tathandlung kann mehrere Delikte umfassen.
Zurückzuführen sei das, so heißt es im Bericht, wegen des Anstiegs „bei den Anzeigen nach dem Verbotsgesetz“. Das Verbotsgesetz ahndet nationalsozialistische Wiederbetätigung, etwa das Verbreiten von NS-Propagandasymbolen wie dem Hakenkreuz oder die Verharmlosung des Holocausts. Im Jahr 2023 wurden wegen des Verbotsgesetzes 1203 Anzeigen erstattet, 2024 waren es bereits 1450. Dazu kommen Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch, darunter fallen unter anderem (schwere) Körperverletzung (52 Fälle), Gefährliche Drohung (54), (schwere) Sachbeschädigung (386), Verhetzung (156), Sexueller Missbrauch von Unmündigen (3) oder illegaler Waffenbesitz (42).
„Meinungsdelikte im Internet“, wie sie Schwaighofer nennt, führt die DSN nicht wörtlich in ihrem Bericht an. Die DSN weist aber Daten zur „gesetzeswidrigen Agitation im Internet“ aus, sogenannten Internetdelikten. „Bei den Inhalten kann es sich beispielsweise um Bild- und Videodateien, aber auch Aussagen in Form von Kommentaren oder Texten handeln“, erklärt die DSN auf Nachfrage. Was die Internetdelikte gemein haben: ein Anfangsverdacht auf NS-Wiederbetätigung, Leugnung des Holocausts, Verhetzung oder Aufruf zu Gewalt gegen Personengruppen aufgrund ihrer Religion.
Aus diesem Bereich wurden 2024 insgesamt 404 rechts-motivierte Tathandlungen gemeldet. Sie machen 27,2 Prozent von den 1486 Meldungen aus. Im Jahr 2023 lag der Anteil bei 25,7 Prozent (311 Anzeigen). Zwar ist die absolute Zahl gestiegen, ihr relativer Anteil blieb jedoch mit rund einem Viertel nahezu konstant. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stiegen auch die gemeldeten „Offline“-Vorfälle von 897 auf 1082.
„Extremismus ist an sich nicht strafbar“, sagt Daniela Pisoiu, Extremismusforscherin am Österreichischen Institut für Internationale Politik. Die Rechtsordnung definiere konkrete Handlungen und Tätigkeiten, die strafbar sind. „Das, was letztlich in diesem Bericht landet, ist nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich passiert. Das sind sehr spezifische Fälle. Es gibt viele extremistische Akteure, die viel sagen und online posten – aber nicht alles davon ist strafbar“, so Pisoiu.
Nicht erfasst, sei zudem die hohe Dunkelziffer an nicht angezeigten Delikten, betont Pisoiu, dass „patriotische Positionen“ nun kriminalisiert werden, kann die Extremismusforscherin nicht nachvollziehen, „im Bericht werden Straftaten erfasst.“ Die Hürde, dass eine Tat im Bericht der DSN aufscheint, sei durch das Strafgesetzbuch und Verbotsgesetz sehr hoch angesetzt.
profil konfrontierte Linksextremismussprecher Schwaighofer mit den Zahlen des Verfassungsschutzes. Auf Anfrage schwächt er seine Aussage ab und schreibt, „dass die von offizieller Seite oft dramatisiert dargestellten ‚rechtsextremen Straftaten‘ zu einem erheblichen Teil nicht Gewalttaten sind, sondern Meinungsäußerungen im Netz.“ Statt der ursprünglichen Behauptung, dass es sich „fast ausschließlich“ um Meinungsdelikte handle, redet er nun von einem „erheblichen Teil“. Unter Meinungsdelikten im Internet verstehe er Tatbestände, wie Verhetzung, die nichts mit Gewalt oder Eigentumsdelikten zu tun hätten. „Während linksextreme Straftaten oft handfest sind, werden rechte Delikte vor allem über das Internet statistisch verzeichnet“, so der Freiheitliche.
Die Zahl der Verhetzungsdelikte versucht der Linksextremismussprecher herunterzuspielen, indem er auf die „verschwindend kleine Zahl an Verurteilungen“ verweist. Tatsächlich weist die Justizstatistik für 2024 25 Verurteilungen wegen Verhetzung aus. Nicht erwähnt wird dabei, dass viele Verfahren gar nicht erst eröffnet wurden – etwa weil die Beschuldigten nicht ausgeforscht werden konnten oder die Causen mittels Diversion erledigt wurden.
Fazit
Schwaighofers Behauptung ist falsch. Der Anstieg rechtsextremer Straftaten lässt sich nicht „fast ausschließlich“ auf „Meinungsdelikten im Internet“ zurückführen. Laut DSN-Bericht machen gesetzwidrige Agitationen im Netz rund ein Viertel aller gemeldeten Tathandlungen mit rechter Motivation aus. Darunter fallen jene Anzeigen mit Anfangsverdacht auf Verstöße gegen das Strafrecht (Verhetzung) oder Verbotsgesetz. Im gleichen Zeitraum stiegen beinahe im selben Ausmaß die Gesamtmeldungen rechtsextrem-motivierter Tathandlungen außerhalb des Netzes. Neben Verhetzung fallen darunter Gewalt- und Eigentumsdelikte wie Körperverletzung, Sachbeschädigung, Diebstahl, Widerstand gegen die Staatsgewalt oder Sexueller Missbrauch von Unmündigen.