Ingrid Brodnig

#brodnig: Pure Kosmetik

Auf Instagram kann man jetzt verbergen, wie viele Likes man bekommt. Das löst aber nicht das Problem, sondern blendet es nur aus.

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Ich halte es für eine PR-Maßnahme, was Instagram derzeit macht: Diese Plattform bietet nun Usern die Möglichkeit, nicht mehr zu sehen, wie viele Likes andere für ihre Postings bekommen. Ebenso kann man bei den eigenen Bildern verbergen, wie viele "Gefällt mir"- Angaben man erntete. Die Likes werden somit für User unsichtbar, wenn diese das wünschen.

"So kann man, wenn man das will, sich auf die Fotos und Videos konzentrieren, die geteilt werden, und nicht auf die Anzahl der Likes, die Beiträge bekommen", heißt es dazu im Blog von Facebook (denn Instagram gehört Facebook, auch auf Facebook soll diese Funktion folgen).

Schon länger hat Instagram Tests durchgeführt, wie die eigenen Benutzer auf unsichtbare Likes reagieren. Laut dem Unternehmen war es positiv für manche, wenn sie die Zahlen nicht mehr eingeblendet bekamen.

Jedoch störte es andere, die wissen wollten, was gerade auf der Plattform "trendet" und somit vielen Menschen eingeblendet wird. Das führt mich zu meinem Kritikpunkt an der Maßnahme: Sie ist pure Kosmetik.

Denn selbst wenn User verbergen, wie viele Likes ihre Beiträge bekamen, ändert das nicht die Funktionsweise der Plattform: Bei Instagram entscheidet ein Algorithmus (also eine Software), welche Postings vielen anderen eingeblendet werden.

Selbst wenn man Likes unsichtbar macht, fließen diese in die algorithmische Berechnung mit ein, welche Postings angezeigt werden. Das tieferliegende Problem ist nicht, dass User sehen können, wie viele "Gefällt mir"- Klicks sie bekamen, sondern dass Plattformen wie Instagram oder Facebook anscheinend so gebaut sind, dass sie das impulsgetriebene Like-Verhalten als eine Messeinheit heranziehen, wie relevant und somit sehenswert etwas ist (oder nicht).

Dass User die Anzahl der Likes ausblenden können, hat keine Auswirkung darauf, wie Instagram die Inhalte filtert oder reiht. Ich verstehe alle, die dieses Schielen auf Likes satthaben- nur glaube ich, bringt es wenig, die Optik für Benutzer zu ändern. Sinnvoller wäre es, zu hinterfragen, nach welcher Logik die Inhalte-Filterung bei den Plattformen ablaufen soll.

Ein echter Meilenstein wäre, wenn Facebook unabhängigen Wissenschaftern endlich Einblick in die eigenen Algorithmen gibt. Das Schielen auf Likes wird so lange ein Problem sein, solange die Software der Plattformen Likes als wünschenswerte Messeinheit bewertet.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.