Sechs Nobelpreis-Medaillen hängen an Nylonschnüren vor schwarzem Hintergrund
Bild anzeigen

Frieden in Gaza, Nobelpreis für Trump? Warum nicht?

Der US-Präsident hält sich für einen geeigneten Friedensnobelpreis-Träger. Was hält das Nobelpreis-Komitee von dieser Idee?

Drucken

Schriftgröße

Heute um 11 Uhr wird das norwegische Nobelpreiskomitee bekannt geben, wem es den diesjährigen Friedensnobelpreis zuerkannt hat. Jetzt werden Sie sich bestimmt fragen: norwegisch? Ja, norwegisch. Während die Nobelpreise ja eigentlich von schwedischen Akademien vergeben werden, hat sich deren Stifter Alfred Nobel für den Friedenspreis etwas Besonderes überlegt: Dieser möge von einem fünfköpfigen Gremium vergeben werden, das vom norwegischen Parlament zu nominiert sei. Aktuelle Besetzung des Gremiums: Anne Enger, Gry Larsen, Kristin Clemet, Asle Toje und Jørgen Watne Frydnes (Vorsitz). 

Seine Beratungen hält das Nobel-Komitee in einem eigens dafür vorgesehenen Raum im Osloer Nobel-Institut ab, dessen Wände mit Portraitfotos aller bisherigen Preisträger und Preisträgerinnen gepflastert sind (ausgezeichnete Institutionen werden durch das jeweilige Logo repräsentiert).

Das Norwegische Nobelpreis-Komitee in seinem Sitzungszimmer, sechs Personen, davon drei Frauen
Bild anzeigen

Seit dem Jahr 1901 wurde der Friedens-Nobelpreis 105 mal an insgesamt 139 Preisträger verliehen, davon 92 Männer, 19 Frauen und 28 Organisationen. In diesem Jahr beriet das Komitee über insgesamt 338 Nominierungen, die fristgerecht bis zum 31. Jänner eingereicht wurden. Wer sie sind, und wer sie jeweils nominiert hat, wird nicht verraten und erst nach 50 Jahren veröffentlicht. 

Ein Kandidat drängt sich heuer aber – buchstäblich – auf. US-Präsident Donald Trump hat mehrfach betont, dass es ihm ein besonders großes, um nicht zu sagen SEHR SEHR GROSSES Anliegen wäre, mit diesem Preis – den ja immerhin auch sein Vorgänger Barack Obama erhalten hat – ausgezeichnet zu werden: „Wenn ich Obama heißen würde, hätte ich den Nobelpreis innerhalb von zehn Sekunden.“

Nun ist ihm, zwei Tage vor Bekanntgabe der Nobelkomitee-Entscheidung, tatsächlich ein einschlägiger Coup geglückt: Die Zustimmung von Israel und Hamas zum von Trump eingefädelten Friedens-Abkommen für Gaza (konkret: für dessen erste Phase) ist doch ein starkes Argument in seinem Sinn. 

„Ich bin sehr stolz, bekannt zu geben, dass Israel und die Hamas beide die erste Phase unseres Friedensplans unterzeichnet haben. Das bedeutet, dass ALLE Geiseln sehr bald freigelassen werden, und Israel seine Truppen bis zu einer vereinbarten Linie zurückziehen wird – als erste Schritte in Richtung eines starken, dauerhaften und ewigen Friedens“, schrieb Trump auf der Plattform „Truth Social“.

US-Außenminister Marco Rubio flüstert Präsident Donald Trump etwas ins Ohr
Bild anzeigen

Es bleiben einige Kontras. Da wäre zum Beispiel die unausgesprochene, aber gut dokumentierte Leitlinie des norwegischen Komitees, nicht nur erfolgreiche Friedensbemühungen, sondern auch das Eintreten für Demokratie und Menschenrechte sowie den Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel zu berücksichtigen; in beiden Bereichen kommt Trumps Nobelpreis-Kampagne möglicherweise in einen gewissen Argumentationsnotstand. (Was den Proponenten nicht daran gehindert hat, kürzlich beim ehemaligen Nato-Generalsekretär und aktuellen norwegischen Finanzminister Jens Stoltenberg in eigener Sache zu intervenieren). 

Und dann wäre da noch der Fristenlauf: Traditionell fällt das Komitee seine endgültige Entscheidung erst bei einer finalen Sitzung Anfang Oktober. In diesem Jahr habe ebenjene Sitzung allerdings schon am Montag stattgefunden, also vor dem Durchbruch im Gaza-Friedensdeal, wie Nobelpreis-Sprecher Erik Aasheim am Donnerstag erläuterte. Und, blöd für Trump: Bis zur Bekanntgabe Freitagvormittag sei auch keine weitere Zusammenkunft geplant, so Aasheim.

 

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur. Ist seit 2020 Textchef und seit 2025 stellvertretender Chefredakteur dieses Magazins.