Anna Sporrer steht vor einer Holzwand in ihrem Büro
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Justizministerin Anna Sporrer: „Wenn sich Männer nicht anders erziehen lassen“

SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer spricht im Interview über mögliche weitere Verschärfungen im Sexualstrafrecht, das Problem der Beweisbarkeit von Sexualdelikten vor Gericht und darüber, warum die Behörden gewaltbetroffene Frauen kaum erreichen.

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Wer ist Ihr feministisches Vorbild?

Anna Sporrer

Das war immer Johanna Dohnal. Als junge Frau wächst man mit vielfältigen Diskriminierungserfahrungen und einem gewissen Unwohlsein auf. Dohnal als Teil der damaligen Regierung ist erstmals dagestanden und hat gesagt, ich will das ändern. 

Sie sind deklarierte Feministin und seit März 2025 Justizministerin. Wie viel können feministische Gesetze verändern?

Sporrer

Sehr viel. Der frauenspezifische Blick auf die Rechtsordnung ist zentral, um herauszufiltern, welche unterschiedlichen Interessen Frauen in der Gesellschaft haben. Dazu braucht es die politische Partizipation von Frauen und ihren Blick auf die Gesetze.

Wahrscheinlich gibt es Luft nach oben, wenn eine Frau in eine Polizeiinspektion kommt und sagt, sie wurde geschlagen. Da kann es sein, dass dort ein Beamter sitzt, der nicht spezialisiert ist. 

Anna Sporrer (SPÖ), Justizministerin

Es gibt zahlreiche Awarnesskampagnen und Arbeitsgruppen zu Gewalt gegen Frauen. Dennoch ist die Zahl der Femizide unverändert hoch. Woran liegt das?

Sporrer

In einer Studie fand nur eine sehr geringe Zahl der späteren Opfer von Femiziden den Weg zu Behörden, Beratungsstellen oder Gewaltschutzzentren. Wir müssen die gewaltbetroffenen Frauen besser erreichen – das ist die Lücke, die wir schließen müssen.

Wie?

Sporrer

Hier genügen nicht nur Awareness-Kampagnen. Es gibt hier bereits verschiedene gesetzliche Maßnahmen, wie polizeiliche Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen. Aber wir müssen das Vertrauen der Frauen weiter stärken, damit sie diese Angebote in Anspruch nehmen und sich an Gewaltschutzzentren und Polizei wenden.  

Haben Sie das Gefühl, dass es bei der – männlich dominierten – Polizei ausreichend Sensibilität für den Schutz gewaltbetroffener Frauen gibt? 

Sporrer

Es gibt viele spezialisierte Beamtinnen und Beamte und in meiner Erfahrung handelt die Polizei an Tatorten sehr gut. Wahrscheinlich gibt es Luft nach oben, wenn eine Frau in eine Polizeiinspektion kommt und sagt, sie wurde geschlagen. Da kann es sein, dass dort ein Beamter sitzt, der nicht spezialisiert ist. Deshalb muss die Polizei stärker sensibilisiert werden. 

Das Opfer des Femizids in Maria Alm im Mai 2025 hatte den Täter wegen Sachbeschädigung und gefährlicher Drohung angezeigt. Es wurde ein Betretungsverbot vorbereitet, aber nicht umgesetzt. Scheitert Opferschutz an der Bürokratie in diesem Land?

Hanna Kastner

Hanna Kastner

ist seit Juli 2025 Volontärin bei profil.