Christian Kern

Kern-Problem

Österreichs Personalpolitik in der EU war bisher höchst widersprüchlich und unbeholfen.

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Mit der Besetzung hoher Positionen in der EU hat Österreich bisher wenig Erfolg gehabt, und zwar sehr oft aus eigenem Verschulden. Dies sollte Christian Kern bei seinem Ziel, Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten für die Europawahlen 2019 zu werden, beherzigen. Um Nachfolger von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu werden, braucht Kern vorerst nicht nur die Stimmen anderer SP-Granden, sondern zudem noch die Unterstützung von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Und dieser hat bereits betont, dass er erstens beim Wahlgang im Mai 2019 mit einem Sieg der Europäischen Volkspartei (EVP) rechne und zweitens die ÖVP weiterhin bestimmen werde, wer als österreichischer EU-Kommissar nominiert werden wird.

In der EU haben Österreichs Regierungen bei der Besetzung von Top-Positionen bisher keine klare Strategie verfolgt. Oft wurden Kandidaten aus Österreich zu wenig oder gar nicht unterstützt. So wurde der aus der SPÖ kommende Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch 1999 eher widerwillig für den Posten des Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina aufgestellt.

Blauäugig

Weit schlimmer erging es dem ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), der 2009 ausgerechnet von seinem Nachfolger und Parteifreund Werner Faymann um reale Chancen als neuer EU-Außenpolitik-Beauftragter gebracht wurde. Auf einer internen Kandidatenliste der europäischen Sozialdemokraten stand Gusenbauer vorne. „Ich habe im Europäischen Rat von niemandem den Namen Gusenbauer gehört“, meinte Faymann damals blauäugig und vergaß dabei, dass er selbst im höchsten Gremium der EU seinen Vorgänger ins Spiel hätte bringen müssen.

Manche nahmen sich selbst aus dem Rennen: Wäre Maria Fekter als Finanzministerin nicht in so viele Fettnäpfchen getreten, hätte sie reelle Chancen gehabt, Juncker als Chefin der Eurogruppe nachzufolgen. Auch Wolfgang Schüssel war für höhere EU-Posten im Gespräch. Erfahrene EU-Politiker wie Franz Fischler oder die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof, Christine Stix Hackl, wurden nach ihrer Rückkehr nicht mehr für höhere Posten daheim oder in der EU berücksichtigt. Regierungen anderer kleinerer EU-Länder – etwa Schweden oder Griechenland - nehmen die Besetzung von EU-Posten strategisch weit ernster und beginnen früh mit der Bewerbung ihrer Kandidaten.

Wenn Österreicher in der EU Karriere machen, dann meist ohne große Unterstützung aus Wien: Hans Dietmar Schweisgut wurde so EU-Chefdiplomat in Japan und China. Thomas Mayr-Harting wurde EU-Vertreter bei der UNO. Finanzexperte Thomas Wieser war in der Euro-Krise Chef der Eurogroup Workinggroup. Wolfgang Wolsosobe leitet den EU-Militärstab.

Christian Kerns chaotisch verkündete Kandidatur für die Europawahlen und für die Nachfolge Jean-Claude Junckers steht unter keinem guten Europa-Stern.

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