Menschenverachtendes Denken ist Teil der FPÖ

Waldhäusl ist kein Einzelfall: Menschenverachtendes Denken ist Teil der FPÖ

Waldhäusl ist kein Einzelfall: Menschenverachtendes Denken, Reden und Handeln gründen im Wesen der FPÖ.

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Man sollte sie beim Wort nehmen: Politiker halten Reden, geben Interviews, posten auf Facebook und Twitter, pflegen ein Image. Es gibt ein Parteiprogramm und eine Geschichte – und eine ganze Reihe von Waldhäusls, nicht nur in Niederösterreich. Die lange Liste von Ereignissen, in denen Politiker – fast immer sind es Freiheitliche – menschenverachtende Dinge sagen oder tun, ist ein Protokoll der Schande geworden, kein Fehler im System, sondern ein zentraler Bestandteil.

Bei Landesrat Gottfried Waldhäusl kam nun eine Facette dazu. Laut Recherchen der Plattform Addendum.org hat Waldhäusls Büro ein ins Zwielicht geratenes Sicherheitsunternehmen, das sich derzeit vor Gericht verantworten muss, mit Aufträgen im Flüchtlingswesen bedacht. Eine Schwarzgeld-Affäre steht im Raum. Waldhäusl dementiert knapp, ebenso die beiden Geschäftsführer.

Die radikalen Einpeitscher der FPÖ

Die FPÖ präsentiert sich als Partei mit radikalen Einpeitschern, die Rechtsextreme immer schon magnetisch angezogen hat. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache müsste das wissen. Er selbst stieß über Neonazi-Gruppen zur FPÖ, wo er sich als blutjunger Wiener Bezirksrat im Kampf gegen das Schächten, die rituelle Tötung von Tieren nach muslimischen und jüdischen Glaubensvorschriften, und gegen die „drohende Überfremdung“ einen einschlägigen Ruf erwarb. Die Grenzen waren fließend.

Waldhäusl agiert jedoch so dreist und dumpf, dass man dazu neigt, ihn nicht ernst zu nehmen. „Hunde mit Migrationshintergrund“ macht er dafür verantwortlich, dass einheimische Vierbeiner keinen Platz im Tierheim bekommen; Asylwerber vergleicht er mit Schweinen, Homosexuelle nennt er „Schwuchteln“, Aktionskunst möchte er verbieten. Zuletzt ließ er minderjährige Flüchtlinge in Drasenhofen hinter Stacheldraht sperren und nur unter Bewachung ins Freie gehen. Kritikern entgegnete er, sie könnten sich zwei, drei Flüchtlinge nach Hause holen, hegen und pflegen, als gehe es um herrenlose Hunde oder Katzen aus dem Tierheim.

Waldhäusl versteht die Aufregung nicht

Waldhäusl versteht die Aufregung nicht, handelt er doch nach den Vorgaben seiner Partei. Auch Innenminister Herbert Kickl will Flüchtlinge „konzentriert halten“. Sie sollen es möglichst „ungemütlich“ haben, erläutert FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus die Maßnahme. Der steirische Abgeordnete Hannes Amesbauer hatte vor Jahren schon vorgeschlagen, Asylwerber zu „kasernieren“. Was einst Jörg Haider auf der Saualm machte, fand er „ganz reizvoll“. (Das Asylheim auf der Saualm wurde – wie auch Drasenhofen – amtlich geschlossen.) Jungfreiheitliche verteilten schon einmal Aufkleber mit dem Text: „Gemischte Sorte – Zuwanderung kann tödlich sein“.

Waldhäusl war nicht der erste „Einzelfall“, und er wird nicht der letzte bleiben. Er kam in die niederösterreichische Landesregierung, weil Udo Landbauer nicht durfte. Es waren Spottverse über den Holocaust aufgetaucht, abgedruckt im Liederbuch von Landbauers Pennälerverbindung. Ein anderer Niederösterreicher, Ex-Landeschef Christian Höbart, verhöhnte Asylwerber als „Erd- und Höhlenmenschen“. Inzwischen ist er Nationalrat und Chef der FPÖ in Guntramsdorf. Dort sitzt auch Parteifreund Wolfgang Preiszler im Gemeinderat. Der Polizist ist bekannt geworden als Leiter jener Einsatzgruppe, welche die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung durchführte und riesige Datenmengen aus dem Bereich Rechtsextremismus beschlagnahmte. Auf Facebook teilte und likte Preiszler selbst rassistische Karikaturen, Inhalte rechtsextremer Quellen und Postings von prominenten Staatsverweigerern. Ermittlungen sind anhängig.

Die FPÖ als politische Lobby für ehemalige Nazis

Historisch gesehen ist die FPÖ, gegründet 1956, eine politische Lobby für ehemalige Nazis. Auch andere Parteien buhlten damals um die Ehemaligen, doch in der FPÖ sammelten sich jene, die für die Ideen des Nationalsozialismus und sein Verbrecherregime gebrannt hatten. Es dauerte mehr als ein halbes Jahrhundert, bis die FPÖ die Opfer des Holocaust und deren Ansprüche anerkannte; den Widerstand gegen das NS-Regime halten sie nach wie vor für suspekt.

Heute gibt sich die FPÖ israelfreundlich, als hätte es niemals Antisemitismus in den eigenen Reihen gegeben. Gleichzeitig inserieren FPÖ-Politiker in Online-Medien wie „info-direkt“, das Juden als „Hintermänner der Globalisierung“ anprangert und rassistische Verschwörungstheorien verbreitet. Die Parteispitze eifert gegen den Holocaust-Überlebenden und US-Milliardär George Soros; die von ihm gegründete Universität nennt Vizekanzler Strache eine „Wander-Universität“ – eine Anspielung an den „wandernden Juden“, und sei es Gedankenlosigkeit. Immer wieder tauchen Freiheitliche in sozialen Medien mit einschlägigen Tattoos, Hitlergruß und Hetzkommentaren auf, nicht zu reden von Likes auf FPÖ-Profilen, die zwei Klicks weiter zu verschwörungstheoretischen Sites nach dem Muster „Die Wahrheit über die Rothschilds“ führen oder zu den Identitären und dem „Großen Austausch“, einem vermeintlichen Elitenprojekt, nach dem die „weißen“ Europäer durch „schwarze“ Afrikaner ersetzt werden sollen.

Im Wahlkampf stellte Strache schon einmal die rhetorische Frage, was die vielen jungen ausländischen Männer wohl tun würden, wenn sie keine Frauen abbekämen. Im Wahlkampf legte Waldhäusl noch eins drauf. Er sagte, Johanna Mikl-Leitner, heute Landeshauptfrau von Niederösterreich, habe „den Flüchtlingen noch die Jause zugeworfen, damit sie gestärkt sind fürs Vergewaltigen“.

„Zahl der rechtsextremen Aktivitäten von FPÖ-Politikern hat zugenommen"

„Die Zahl der rechtsextremen Aktivitäten von FPÖ-Politikern hat nach dem Regierungseintritt noch einmal stark zugenommen. Der Antisemitismus in dieser Partei tritt trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse wieder wesentlich offener zutage. Insgesamt zeigt die FPÖ weiterhin eine starke Nähe zur NS-Ideologie“, analysiert Wilhelm Mernyi, Vorsitzender des Mauthausenkomitees. Ressentiments wie Sozialneid schürt die FPÖ seit Jahrzehnten, durchwegs mit falschen Behauptungen. „Willst du eine Gemeindewohnung haben, musst du nur ein Kopftuch tragen“ ist ein Dauerbrenner – seit 1994.

Im Parteiprogramm (2011) und dem „Handbuch freiheitlicher Politik“ (2013), das unter Federführung von Norbert Hofer, heute Infrastrukturminister, entstand, findet sich die Geisteswelt der FPÖ in komprimierter Form. Man fühlt sich der „deutschen Volksgemeinschaft“ (ein Zentralbegriff des nationalsozialistischen Denkens) zugehörig. Nur österreichische Staatsbürger sollen Anspruch auf soziale Grundrechte haben – doch keineswegs alle: Das Gebären von Kindern soll nur bei der „autochthonen Bevölkerung“ zu einer höheren Pensionsbemessung führen. Migranten gehören in dieser Weltsicht niemals ganz dazu. Österreichern mit Migrationshintergrund würde die FPÖ bei gröberen Verfehlungen die Staatsbürgerschaft aberkennen.

Tonangebende Burschenschaften

Woher der Wind weht, ist auch an Anspielungen erkennbar. Im „Handbuch“ frönt man dem Hass auf die Kritische Theorie der „Frankfurter Schule“, die in rechtsradikalen Kreisen als „verjudet“ gilt. In der Sprache der FPÖ heißt es, dieses Denken führe zur „Entwurzelung aus jeglicher Gemeinschaft – wie dem Volk“.

Im Alltag der Republik sind Burschenschaften eine verschwindende Minderheit. In der Strache-FPÖ geben sie den Ton an, und dieser gründet auf einer Ideologie, die vom Deutschtum in den Statuten zum Ausländerhass führen kann und die Abstammung und Volkszugehörigkeit über das Prinzip der Gleichheit stellt.

Vor einem halben Jahr erklärte die Wiener Burschenschaft „Aldania“ auf ihrer Website (derzeit nicht abrufbar), dass „all die Flüchtlinge, die aus einem fernen Raum mit anderer Kultur zu uns kommen, von der nationalen Kultur des Aufnehmerlandes keine Ahnung haben und auch niemals eine Ahnung haben“. Integration schreibt die „Aldania“ unter Anführungszeichen. Sie spricht von Kultur und meint die Herkunft. Von Rassismus ist das nur einen winzigen Schritt entfernt. Die Anhängerschaft versteht das auch so. „Bei a bissl Stacheldraht drehens gleich durch“, so ein Posting auf der Facebook-Site von Johann Gudenus. So könnte „Waldhäusl“ zu einem zeitlosen Inbegriff für das Denken in der FPÖ werden.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling