Ein Karusellständer mit Handstempeln in einer Behörde
Bild anzeigen

Beamtengehälter: Ist eine Kürzung gerecht?

Die Regierung muss sparen und hat es auf die Beamtengehälter abgesehen. Das Potenzial wäre beträchtlich: Beamte verdienen besser als Durchschnittsösterreicher. Dennoch warnen Experten vor den Gefahren eines allzu großen Einschnitts.

Drucken

Schriftgröße

Ja, es gibt sie: Staatsbedienstete, die kein üppiges Gehalt beziehen. Sie fegen die Gänge der Amtsstuben oder tragen Akten von einem Referat ins nächste. Wer sich durch den Dschungel der Besoldungstabellen kämpft, stößt auf sie: Im Entlohnungsschema I finden sich die staatlichen Niedrigverdiener. Für die Gruppe E, die einfache Hilfstätigkeiten ohne Ausbildung umfasst, zahlt der Staat ein Einstiegsgehalt von 2074 Euro brutto im Monat.

Reinigungskräfte oder Botengänger im Bundesdienst können nicht mit großen Gehaltssprüngen rechnen. Selbst an der höchsten Gehaltsstufe (Stufe 21) liegt ihr Monatslohn bei rund 2.400 Euro. Üppige Zulagen, die das Einkommen spürbar aufbessern würden, sind in diesen Positionen selten vorgesehen.

Real werden die Gehälter der Beamten heuer etwas sinken: denn der paktierte Abschluss von 3,5 Prozent liegt um 0,3 Punkte unter der Inflation. Dafür sollten es im nächsten Jahr 0,3 Punkte on top auf die Inflation sein. Doch angesichts des Budgetdefizits will die Regierung dieses Gehaltspaket wieder aufschnüren. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) signalisierte Gesprächsbereitschaft – die erste Verhandlungsrunde am Dienstag blieb aber ohne Ergebnis. Wie profil erfahren hat, könnte die vereinbarte Erhöhung auf Mitte 2026 verschoben werden. Die GÖD wollte auf profil-Anfrage laufende Verhandlungen nicht kommentieren.

Die Republik lässt sich ihr Personal einiges kosten: Für die 135.000 Staatsdiener veranschlagte der Bund 2024 rund zwölf Milliarden Euro für aktives Personal. Dazu kommt der Kostenersatz für Landeslehrkräfte (5,4 Milliarden Euro), den der Bund zur Hälfte übernimmt. Insgesamt fließt ein Drittel des Staatshaushalts in die öffentliche Verwaltung (inklusive Beamtenpensionen). Jeder Zehntelprozentpunkt weniger bei der Gehaltserhöhung spart dem Bund rund 12,5 Millionen Euro Personalkosten.

So sehr die Beamtenvertretung betont, die Teuerung ausgleichen zu wollen, verhandelt sie nicht nur für Hilfskräfte der Gruppe E, sondern für alle Staatsbediensteten – von Richtern über Polizisten bis hin zu Lehrkräften. Und im Unterschied zu ungelernten Hilfskräften können Beamte durchaus anständig verdienen: Wie die Polizei vorrechnet, liegt das Einstiegsgehalt für Inspektoren bei 2400 Euro brutto, durch Zulagen und Überstunden können bis zu 4700 Euro zusammenkommen. Das Grundgehalt für dieselbe Funktion steigt nach 19 Dienstjahren auf rund 3800 Euro. Ein Richter am Bezirksgericht Favoriten kann mit 5100 Euro brutto rechnen, ein Kommandant des Bundesheers inklusive Zulagen mit über 11.600 Euro brutto monatlich. Hinzu kommen Standesprivilegien: eine eigene Krankenkasse für öffentlich Bedienstete, eine Beamtenpension, gesetzlich verankerte Unkündbarkeit und eine schlagkräftige Beamtengewerkschaft.

Sind Verträge einzuhalten?

Die GÖD möchte die bereits vereinbarte Gehaltserhöhung von 3,3 Prozent ungern erneut aufschnüren. Sie erinnert die Regierung an die Vertragstreue. Doch angesichts der budgetären Schieflage hat die Bundesregierung ein „Ersuchen“ an die Gewerkschaft gerichtet, den Lohnabschluss nachzuverhandeln. Aus Sicht des Staatshaushalts wäre eine „maßvolle“ Erhöhung notwendig, meinte der Präsident des Fiskalrats, Christoph Badelt, im Vorfeld. Einerseits würde ein geringerer Abschluss die Lohnbasis für die Folgejahre senken, andererseits sende Lohnzurückhaltung wichtige Signale an die Herbstlohnrunden.

Man muss jetzt überlegen, welche Anreize man für die Zukunft setzt, dass sich die Gewerkschaft wieder auf so etwas einlässt.

Benjamin Bittschi

Ökonom, WIFO

Benjamin Bittschi, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) sieht ein Für und Wider: „Es ist zu rechtfertigen, weil man – als man im letzten Jahr verhandelt hat – von gänzlich anderen Inflationszahlen ausgegangen ist und sie jetzt deutlich höher sind. Für den Staat sind das viel höhere Kosten.“ Auf der anderen Seite hatte sich der öffentliche Dienst im Vorjahr bereit erklärt, unter der Inflation abzuschließen, mit dem Versprechen, dass es heuer mehr werde, so Bittschi zu profil: „Man muss jetzt überlegen, welche Anreize man für die Zukunft setzt, dass sich die Gewerkschaft wieder auf so etwas einlässt.“

Spitzenverdiener Beamtenschaft?

Zur Beurteilung der aktuellen Lage lohnt auch die Langzeitperspektive. WIFO-Ökonom Bitschi kommt zum Schluss: „Langfristig sind die Tariflohnabschlüsse im öffentlichen Sektor niedriger als in der Privatwirtschaft – in den letzten Jahren war das gut vergleichbar.“ Bittschi verweist auf die Nullohnrunde nach der Finanzkrise 2013, die der Beamtenschaft noch immer nachhänge.

Mit Beginn der Teuerungswelle geriet jedoch auch der öffentliche Dienst zunehmend unter Druck. Soziale Staffelungen und Fixbeträge prägten die Gehaltsabschlüsse der vergangenen Jahre. Gemessen an der reinen Tarifentwicklung liegen öffentlich Bedienstete mittlerweile nahezu gleichauf mit Angestellten und Arbeitern. Ein Blick auf den Tariflohnindex zeigt zudem, dass insbesondere in Zeiten staatlicher Sparmaßnahmen die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst auch zukünftig gedämpft wurde.

Dennoch zählt die Gruppe der Beamten in absoluten Zahlen zu den Besserverdienern der Republik. Die Einkommensdaten der Statistik Austria liefern dazu klare Zahlen: Während 2023 das mittlere Jahreseinkommen von Staatsbediensteten (ohne Teilzeitbeschäftigte) bei rund 70.000 Euro brutto lag, verdienten Angestellte im Schnitt 61.000 Euro. Arbeiter kamen auf rund 41.000 Euro.

Benefits statt Privilegien

Dass die Beamtenschaft Privilegien genießt, hat historische Gründe. Um die Funktionsfähigkeit des Staates – insbesondere in Justiz und Sicherheit – zu gewährleisten, stehen die Beamten unter besonderem Schutz vor politischem Einfluss. Daher der Kündigungsschutz. Amtsträger sollen Rechtsakte ohne Angst vor Interventionen der Legislative vollziehen können. Wie attraktiv der Staat als Arbeitgeber nach wie vor ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen: In den vergangenen zehn Jahren haben lediglich rund 4500 Beamte ihren Dienst freiwillig quittiert.

Doch diese Privilegien kosten. Einer der größten Brocken sind die Beamtenpensionen. Zwar sinkt die Zahl der Beamtinnen und Beamten kontinuierlich, doch machen ihre Pensionen 2026 bereits elf Prozent des Budgets aus – allein die Beamtenpensionen der Post und der ÖBB schlagen heuer mit rund vier Milliarden Euro zu Buche.

Aber sind Beamten-Privilegien noch zeitgemäß? Benjamin Bittschi gibt ein Beispiel: „Wenn man Polizisten sagt, sie sollen ihr Leben in Notsituationen aufs Spiel setzen und dafür immer weniger Geld bekommen, dann werden Sie kaum jemanden finden, der Lust hat, das zu machen.“ Die Privilegien kämen einem entsprechenden Geldwert gleich. Spare der Staat bei seinem Personal zu stark ein, finde er keine qualifizierten Arbeitskräfte mehr, „das sind Marktgegebenheiten, denen sich auch die öffentliche Hand stellen muss.“

Die eingangs erwähnten Hilfskräfte der Gruppe E profitieren übrigens nicht von einere Beamtenpension. Denn der klassische Beamte ist eine bedrohte Spezies. Vorbei sind die Zeiten, in denen sogar Staatsbetriebe wie die Post oder die Telekom ihr Personal verbeamteten. Waren im Jahr 2003 noch knapp 100.000 aktive Beamte im Dienst, waren es 2023 nur noch 63.000. Der Bund (wie auch die Länder) setzt seit zwei Jahrzehnten im Zuge des Pragmatisierungsstopps auf sogenannte Vertragsbedienstete – Staatsdiener, die wie in der Privatwirtschaft angestellt sind, eine reguläre öffentliche Pension erhalten und (schwer) kündbar sind. Offenbar wirkt die Offensive: Waren 2003 noch doppelt so viele Beamte wie Vertragsbedienstete im öffentlichen Dienst, stellten letztere 2023 mit rund 73.000 Beschäftigten bereits die Mehrheit in der öffentlichen Verwaltung.
 

Das verbeamtete Personal ist ungleich über die Ressorts verteilt. Während in der Justiz, beim Bundesheer und bei der Polizei weiterhin fast ausschließlich Beamte tätig sind, stellen sie im Verwaltungsdienst, an Universitäten und in der Lehrerschaft nur noch eine alternde Minderheit. Dort dominieren mittlerweile Vertragsbedienstete. Sie genießen zwar nicht mehr die klassischen Privilegien des Beamtentums, profitieren jedoch nach drei Dienstjahren ebenfalls von einem – wenn auch weniger ausgeprägten – Kündigungsschutz.

Immerhin, die seit August in Kraft getretene Erhöhung des Fahrtkostenzuschusses bleibt – zusätzlich zur Pendlerpauschale – gesichert, für Beamte als auch Vertragsbedienstete wie die Hilfskräfte der Entlohnungsgruppe E.
 

Hannah Müller

Hannah Müller

seit September 2025 Trainee bei profil.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im Digitalteam von profil. Davor bei Wiener Zeitung und ORF.