Katrín Jakobsdóttir sitzt vor einem Baum im Campus der Akademie der Wissenschaften, Wien.
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Islands Ex-Premier Jakobsdóttir: „Grüne dürfen Fleisch essen nicht verbieten“

Die Grüne Katrín Jakobsdóttir brachte Island zwischen 2017 und 2024 auf Klimakurs. Beim Wienbesuch sprach sie über Klimapolitik, ihren Bestseller-Krimi – und das Geheimnis der Isländerinnen, die bei der Gleichstellung weltweit Platz eins belegen.

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Sie sagten einmal, die Klimakrise halte Sie nachts wach. Was lässt Sie wieder einschlafen?

Katrín Jakobsdóttir

Was mich wach hält, ist nicht die Erderhitzung allein, sondern die zunehmende Wissenschaftsskepsis. Wir haben alle Fakten auf dem Tisch, aber viele Menschen stellen sich hin und sagen: „Ich glaube das nicht.“ Dann denke ich an den Optimismus, den ich spüre, wenn ich junge Wissenschafterinnen und Aktivisten treffe, die sich davon nicht aufhalten lassen.

Die CO2-Emissionen steigen mit jedem Jahr, obwohl die Folgen der Klimakrise immer virulenter werden. Hat die Menschheit den Kampf nicht längst verloren?

Jakobsdóttir

Ich erlaube es mir nicht, das zu denken. Aber es stehen Klimaveränderungen vor der Tür, und nun müssen wir versuchen, diese abzuschwächen und uns möglichst gut anzupassen. Den Klimaschutz einfach totzuschweigen, ist keine Lösung.

Während Ihrer Amtszeit als Premierministerin von 2017 bis 2024 haben Sie den Anteil der Erneuerbaren Energie in Island enorm gesteigert. Wie ist das gelungen?

Jakobsdóttir

Wir sind in Island sehr privilegiert, weil wir so viel Wasserkraft und Geothermie haben. Wir haben diese Energiequellen und das Stromnetz konsequent ausgebaut. Außerdem haben wir das öffentliche Verkehrsnetz in und um Reykjavík und die Ladestationen für E-Autos stark ausgebaut.

Die Pro-Kopf-Emissionen sind trotzdem noch sehr hoch, 2023 lagen sie bei 7,8 Tonnen. (Zum Vergleich: In Österreich lagen sie bei 6,44 Tonnen.) Woran liegt das?

Jakobsdóttir

Erstens daran, dass Island eine Insel ist und sehr viel importiert werden muss. Der Tourismus ist ein großer Faktor, wir haben außerdem drei große Aluminiumwerke, und es gibt große Datenzentren, die ebenfalls sehr viel Energie verbrauchen. Wir müssen uns schon die Frage stellen, ob das alles nötig ist. Ob wir nicht zum Beispiel mehr Energie in Glashäuser fließen lassen, um unser eigenes Gemüse zu ziehen, um nachhaltiger und unabhängiger zu werden.

Katrín Jakobsdóttir vor einem Fenster in der Akademie der Wissenschaften in Wien.
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Island ist weltweit führend bei der Gleichstellung. Was macht Islands Frauen so erfolgreich?

Jakobsdóttir

Franziska Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.

Alexandra   Unger

Alexandra Unger

ist in der profil-Fotoredaktion tätig.