Edi Rama im Interview: „Im Moment sind wir wahre EU-Fanatiker“
Wollen wir wieder wachsen? Diese Frage hat profil unlängst in einem Artikel aufgeworfen. Soll die EU, die derzeit 27 Mitglieder zählt, neue Anwärter einlassen?
Edi Rama hat darauf eine klare Antwort: Ja. Der seit 2013 Regierungschef Albaniens hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Im Wahlkampf hat er es sogar auf Plakate im ganzen Land drucken lassen. Darauf zusehen: ein roter Pass mit dem albanischen Doppeladler, daneben das Versprechen: Albanien in der EU bis 2030! Nur mit Edi!" Aber wie realistisch ist das? Das folgende Interview wurde im Verbund mit den Tageszeitungen „Die Presse“ und „Kurier“ geführt.
Zur Person
Edi Rama, geboren 1964 in Tirana, ist seit 2013 Ministerpräsident Albaniens. Seit den Parlamentswahlen im Mai 2025 regiert seine sozialistische Partei (PS) mit absoluter Mehrheit. Ramas wichtigstes Wahlversprechen war ein EU-Beitritt bis zum Jahr 2030.
Herr Rama, Sie wurden unlängst mit dem Satz zitiert: „Das Schlimmste ist, zu verlieren.“ Aber für jemanden, der es hasst zu verlieren, pokern sie mit einem EU-Beitritt bis 2030 ganz schön hoch. Haben Sie denn gar keine Angst, Ihre Landsleute zu enttäuschen?
Edi Rama
Nein, ich habe das nicht einfach so leichtfertig dahingesagt, sondern auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Europäischen Kommission und des gemeinsamen Plans, die Verhandlungen bis 2027 abzuschließen. Es gibt einen Plan, es gibt Fristen und viel Arbeit, die bewältigt werden muss. Wir machen das ja auch nicht im Alleingang, sondern bekommen umfassende Unterstützung. Nach Abschluss der Verhandlungen rechnen wir mit weiteren zwei Jahren für die Ratifizierungsprozesse. Daraus ergibt sich unser Zieljahr 2030. Kann sich das ändern? Selbstverständlich – aber nicht wegen uns. Wenn es sich wegen der EU ändert, ist das eine andere Geschichte.
Sie waren vor kurzem in Paris. Frankreich hat den Beitritt Albaniens in der Vergangenheit mit einem Veto blockiert. Warum hat sich die Stimmung jetzt geändert?
Edi Rama
Die Vetos – das war eine andere Zeit. Damals hatte die Europäische Union die strategische Bedeutung der Erweiterung zu wenig im Blick. Das ist jetzt anders, vieles hat sich verändert. Auch das Selbstbild der EU. Die EU fühlt sich nicht mehr so autark wie vor einigen Jahren.
Warum sollte die Europäische Union ein Land wie Albanien aufnehmen?
Edi Rama
Es geht um das große Ganze, nicht nur um Albanien, sondern um die gesamte Region, den Westbalkan und die Europäische Union selbst. Dieser Teil Europas sollte nicht von der EU entkoppelt bleiben. Denn die EU hat nicht nur eine, sondern zwei Grenzen. Eine Außengrenze und eine Grenze nach innen, die den Westbalkan umschließt. Aus Gründen der Sicherheit und der Einheit Europas ist es vollkommen klar – zumindest für mich –, dass es keinen anderen Weg gibt, als die Länder des Westbalkans in die Europäische Union zu integrieren. Der Westbalkan liegt mittendrin. Ich spreche daher nicht von einer Erweiterung, sondern von einer Vereinigung.
Hat Ihr Land genug Zeit, all diese notwendigen Reformen zu verdauen? Nehmen wir den Kampf gegen Korruption. Braucht es nicht viel mehr Zeit, damit Dinge in der Gesellschaft und in den Institutionen ankommen?
Edi Rama
Wenn Sie mich fragen, ob wir in zwei Jahren wie Österreich sein werden, sage ich: Nein, keineswegs. Aber der Beitritt bezieht sich auf sehr klare, spezifische Prinzipien und Kriterien, die insgesamt erfüllt werden müssen. Der Kampf gegen dies und das ist eine nie endende Geschichte, da werden wir auch nach dem EU-Beitritt daran weiterarbeiten. So wie die Dinge stehen, sehe ich in dieser Phase keine Gefahr, dass wir die Reformen nicht verdauen können. Aber wir müssen auch nach unserem Beitritt dranbleiben.
Albanien hat im Rahmen der EU-Annäherung eine Sonderstaatsanwaltschaft namens SPAK geschaffen, die hochrangige Politiker hinter Gitter gebracht hat. Darunter Ihren Parteikollegen Erion Veliaj den Bürgermeister von Tirana. Jetzt laufen Ermittlungen gegen die amtierende Infrastrukturministerin, Ihre Vize-Premierministerin Belinda Balluku. Bereuen Sie es manchmal, eine so mächtige Institution geschaffen zu haben, die Ihren Parteigenossen gefährlich wird?
Edi Rama
Nein, das tue ich nicht. All das ist ja nicht aus heiterem Himmel geschehen. Ich habe schon davor gesagt: Wir brauchen eine Justiz, die unabhängig ist und in alle Richtungen ermittelt, anklagt und verurteilt. Klar, all das ist schmerzhaft und bitter. In die Oper zu gehen, wäre schöner. Aber es ist der einzige Weg. Ist SPAK perfekt? Nein. Machen sie auch Fehler? Natürlich. Aber am Ende des Tages gibt es eine Sache, die wir auf keinen Fall antasten sollten: die Unabhängigkeit, die wir dieser Behörde gegeben haben.
Klar, all das ist schmerzhaft und bitter. In die Oper zu gehen, wäre schöner. Aber es ist der einzige Weg
Regierungsmannschaft
Edi Rama und seine im September 2025 neu gebildete Regierung. Links von ihm: seine Vize-Premierministerin und Infrastrukturministerin Belinda Balluku, die ins Visier von SPAK geraten ist.
Mitglieder der Opposition bezeichnen Sie als Diktator. Was sagen Sie dazu?
Edi Rama
Wenn sie mich nicht Diktator nennen würden, würden sie ihre Arbeit hundsmiserabel machen. Ich habe kein Problem damit. Ich werde ihnen nicht sagen, dass sie damit aufhören sollen. Ich will ja, dass sie bei den nächsten Wahlen wieder verlieren. Indem sie diesen völlig extremen Unsinn behaupten, arbeiten sie am Ende für uns.
In einem einzigartigen Vogelschutzgebiet nahe der Küstenstadt Vlora wird gerade ein Flughafen gebaut. Die EU-Kommission hat schon vor Jahren Bedenken geäußert bezüglich nicht eingehaltener Genehmigungsverfahren, aber auch wegen der zu erwartenden Schäden für Tiere und Umwelt.
Edi Rama
Wir haben wiederholt klargestellt, dass das Projekt absolut nicht umweltschädlich ist und dass es dort schon lange davor einen Flughafen gab. Wir haben ja keinen Flughafen gebaut, wo nie einer war. Natürlich gibt es Menschen, die es am liebsten hätten, wenn man überhaupt nichts mehr bauen und nichts anderes mehr tun würde, als die Natur zu schützen. Ich respektiere das. Aber ist das machbar? Ich glaube nicht. Wir müssen unsere Infrastruktur ausbauen.
Natürlich gibt es Menschen, die es am liebsten hätten, wenn man überhaupt nichts mehr bauen und nichts anderes mehr tun würde, als die Natur zu schützen.
Der Flughafen Vlora entsteht im Delta der Vjosa, dem letzten Wildfluss Europas. Die Gegend ist ein Vogelschutzgebiet.
Der Investor Jared Kushner, der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, will unweit des Flughafens ein Luxusressort bauen. Wird das jemals Realität und wenn ja: Wann?
Edi Rama
Kushner will sowohl auf der Insel Sazan als auch am gegenüberliegenden Festland bauen. Der Flughafen sollte nächstes Jahr eröffnet werden, und auch die Investitionen von Kushner sollten nächstes Jahr realisiert werden.
Der Westbalkan ist eine Region, in der es in den 1990-er Jahren Kriege gab. Bis heute gibt es mitunter harte verbale Auseinandersetzungen. Ist es möglich, all diese Länder unter einem Dach zu vereinen?
Edi Rama
In dieser Hinsicht habe ich eine sehr saubere Bilanz. Ich war, metaphorisch gesprochen, nie in eine regionale Schlägerei verwickelt. Ich habe die friedlichste Bilanz überhaupt. Der Westbalkan ist nicht die Schweiz, aber ich muss auch sagen: Die Region ist heute anders als früher. Es ist so viel friedlicher, und es gibt so viel mehr Zusammenarbeit, dass wir uns nicht beklagen sollten. Wir haben in der letzten Dekade mehr getan als in den Tausend Jahren zuvor.
Ich denke, wir erleben gerade die friedlichste Zeit des Westbalkans in der Geschichte.
Sind also auch die Spannungen zwischen Kosovo und Serbien oder Debatten über Kriegsverbrechen in den 1990-er Jahren am Ende nur Rhetorik?
Edi Rama
Das ist Politik. Manchmal stellt jemand eben einen Teller mit einer Speise auf den Tisch, den die anderen nicht essen wollen, und schon geht das Gezanke los. Aber das gehört dazu. Wichtiger ist: Bis 2014 gab es nie den Fall, dass sich die Führer des Westbalkans getroffen, hingesetzt und über die Zukunft der Region diskutiert haben. Seit 2014 haben unzählige solcher Treffen stattgefunden. Wir sind nicht immer einer Meinung, was in Ordnung ist. Aber ich denke, wir erleben gerade die friedlichste Zeit des Westbalkans in der Geschichte.
Mit Donald Trump ist die USA kein verlässlicher Partner mehr. Länder wie China oder die Türkei versuchen auf dem Balkan an Einfluss zu gewinnen, Russland in Osteuropa. Wie blicken sie auf die geopolitische Lage?
Edi Rama
Albanien ist zu klein, um wählerisch zu sein. Wir müssen mit allen reden und in der Lage sein, jeden so gut wie möglich zu verstehen. Was Russland betrifft, haben wir eine besondere Beziehung wegen einer besonderen Geschichte. Wir haben uns 1960 von Russland getrennt, weil wir – anders als die Sowjetunion – unseren stalinistischen Weg weitergehen wollten. Das schuf eine große Unzufriedenheit in der Psyche unseres Volkes gegenüber den Russen und Russland. Deshalb hatten wir in den 35 Jahren seit der demokratischen Wende nie einen Staatsbesuch in Russland und wurden nie von einem russischen Staatschef besucht. Und ehrlich gesagt stört uns das auch nicht weiter. Aber wenn es um die Europäische Union geht, denke ich: Die EU sollte mit Russland sprechen und nicht weiter ihre Außenpolitik an Washington auslagern. Am Ende des Tages ist Russland der Nachbar der Europäischen Union, nicht der Nachbar der Vereinigten Staaten. Und mit Nachbarn muss man reden.
Wie besorgt sind Sie über eine mögliche russische Invasion in anderen Ländern Osteuropas?
Edi Rama
Ich könnte völlig falsch liegen, aber ich bin überhaupt nicht besorgt. Ich glaube nicht, dass Russland irgendein EU-Land überfallen wird. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, die ukrainische Armee in dem Teil der Ukraine zu besiegen, wo sie ihre imperialistischen Ziele verfolgen. Ich denke, Russlands Provokationen sind Teil ihrer Strategie.
Haben Sie jemals jemanden gesehen, der heiraten will und keine großen Erwartungen hat?
Wahlkampf Mai 2025
Edi Rama warb im letzten Wahlkampf mit einem EU-Beitritt.
Nirgendwo auf dem Balkan ist die EU noch so populär wie in Albanien. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen. Welche Art von Veränderung würden Sie gerne in diesem Land sehen, und was kann die Europäische Union tun, um das zu unterstützen?
Edi Rama
Haben Sie jemals jemanden gesehen, der heiraten will und keine großen Erwartungen hat? Und wie können Sie die Erwartungen von jemandem senken, der heiraten will? Sie können über die Ehe sagen, was sie wollen. Die Leute heiraten, lassen sich scheiden und heiraten wieder. So wie ich. Es ist absolut okay, hohe Erwartungen zu haben. Sie geben einem Energie und helfen einem, Dinge anzupacken. In dieser Hinsicht ist die Europäische Union eine Quelle positiver Energie für das Land. Großartig.
Andere Staaten am Westbalkan sind derzeit überhaupt nicht an einer Hochzeit interessiert. Serbien etwa.
Edi Rama
In diesem Wettstreit um die Gunst Europas sind wir in derselben Lage wie einst Odysseus mit seinen Nebenbuhlern. Wir haben eine lange Segelreise hinter uns. Montenegro buhlt auch um Europa, vielleicht nicht so sehr wie wir, aber die Mehrheit will es. In Nordmazedonien wollen sie es auch immer noch, wenn auch nicht so sehr wie in Montenegro. Auch der Kosovo möchte beitreten. In Serbien ist der Wille am geringsten. Sie sind ein bisschen wie jene, die hofften, Penelope zu heiraten – mit dem Unterschied, dass sie gleichzeitig auch anderen schöne Augen machen. Aber nun ganz ohne Mythologie: Es verzögert sich, aber letztendlich wollen alle mitmachen. Auch die Serben, weil ihnen klar ist, dass es keinen anderen Platz für sie gibt als in der Europäischen Union.
In diesem Wettstreit um die Gunst Europas sind wir in derselben Lage wie einst Odysseus mit seinen Nebenbuhlern. Wir haben eine lange Segelreise hinter uns.
Hoffen wir, dass Sie nicht wie Odysseus sind, der bei seiner Rückkehr zu Penelope alle Nebenbuhler tötete.
Edi Rama
Nein, nein. Wir sind durchaus dazu fähig, jeden zu töten, der uns daran hindern will, die Europäische Union zu heiraten. Aber wir denken überhaupt nicht daran, jemanden zu töten, der auch an der Hochzeit teilnehmen will. Sie sind alle willkommen.
Es gibt einige Stimmen in Europa, die einer Erweiterung skeptisch gegenüberstehen. Haben Sie das Gefühl, dass sich die Stimmung dreht?
Edi Rama
Ich denke, jene, die zögern, erkennen jetzt, dass das Zögern keine gute Idee ist. Der EU-Beitritt ist Teil eines größeren Prozesses, der auch die Vereinigung des Westbalkans umfasst.
Glauben Sie, dass der französische Präsident Emmanuel Macron dazu bereit ist?
Edi Rama
Macron ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass wir alle nicht wissen, was nach Macron kommt. Wir sind Richtung Europa gesegelt, selbst, als Europa nicht in Sicht war. Es gibt eine Sache, die viele nicht verstehen: Wir machen die Hausaufgaben nicht, um der EU zu gefallen. Wir machen die Hausaufgaben, um Albanien europäischer und demokratischer zu machen.
Nicht alle Länder haben so ein Angebot auf dem Tisch.
Edi Rama
Nehmen Sie die Beispiele Afghanistan oder Irak. Das Nation-Building ist in beiden Fällen grandios gescheitert. Diese Staaten haben keine Perspektive auf die Europäische Union. Aber niemand sonst – außer die EU – kann einem Land so gut beibringen, wie man Institutionen aufbaut. Den Amerikanern fehlt dafür die Geduld. Sie wollen die Dinge mit Bomben regeln und predigen dann auch noch. Nur die Europäische Union hat den nötigen langen Atem für so einen langen Prozess. In Albanien wären wir heute nicht dort, wo wir sind, wenn wir die EU nicht hätten. Okay, wir hätten auch die Kopfschmerzen oder die Neurosen nicht, die damit einhergehen. Mit der Europäischen Union zu arbeiten, das fühlt sich manchmal sehr neurotisch an. Manchmal hat man das Gefühl, man möchte auf die Spitze eines Minaretts steigen und wie verrückt brüllen. Aber am Ende ist dieser ganze Prozess wirklich sehr hilfreich.
Manchmal hat man das Gefühl, man möchte auf die Spitze eines Minaretts steigen und wie verrückt brüllen
In der Stadt wird darüber gemunkelt, dass Schwarzgeld – etwa aus dem Drogenhandel – in Tiranas Bauwesen gewaschen wird.
Edi Rama
Wenn Sie die Menge an Drogengeldern überprüfen, die in Europa angeblich gewaschen werden – ich habe die letzte Zahl nicht überprüft –, dann spielt Tirana oder Albanien dabei nur eine sehr untergeordnete Rolle. Haben wir Probleme dieser Art? Ja, die haben wir. Aber sind diese Probleme so groß, dass man einen Aufruhr in Europa darüber machen muss? Das ist außerhalb jeder Proportion. Ich denke, das ist lächerlich.
Was planen Sie zu tun, um künftig Geldwäsche zu unterbinden?
Edi Rama
Zunächst einmal sage ich Ihnen, dass das in Albanien weitaus weniger passiert, als darüber geredet wird. Tatsache ist: Weil wir viele Maßnahmen ergriffen und sehr hart gegen Geldwäsche vorgegangen sind, wurden wir von der grauen Liste der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) genommen. Die FATF ist eine sehr strenge Organisation, die sich die Mechanismen jedes Landes im Hinblick auf Geldwäsche und Finanz-Grauzonen genau ansieht. Wir haben die notwendigen Instrumente. Ich glaube, es ist auch Teil des Schocks, den viele Menschen haben, wenn sie zum ersten Mal nach Albanien oder Tirana kommen. Sie sehen all diese neuen Bauten und stellen sich die Frage: Was geht hier vor, wie ist das möglich? Die Antwort: Es ist deshalb möglich, weil wir arbeiten. Glauben Sie, wir liegen in der Sonne und warten darauf, dass Drogen umgeschlagen werden? Die Realität sieht anders aus: Wir arbeiten sehr hart.
Glauben Sie, wir liegen in der Sonne und warten darauf, dass Drogen umgeschlagen werden?
Albanien wäre das erste mehrheitlich muslimische Land in der EU. Welche Bedeutung hat das aus Ihrer Sicht?
Edi Rama
Wenn alle Muslime der Welt wie die Muslime Albaniens wären, wären Allah und Jesus glücklich. In Albanien leben Muslime und Christen. Ich bin katholisch, meine Frau ist Muslimin, unsere zwei Kinder aus früherer Ehe sind christlich-orthodox. Wir haben jetzt ein kleines Kind, das selbst entscheiden wird, welche Religion es ausüben will. Es gibt einen gemeinsamen Nenner in all dem: 92 Prozent der Albaner lieben die Europäische Union. In einem Sinne ist eine EU-Mitgliedschaft Albaniens ein weiterer Weg zu zeigen, dass es nicht um Muslime oder Christen geht, sondern um die Geografie, um Geopolitik. Wenn wir dieselben Menschen in einer anderen Geografie wären, sagen wir im Irak oder in Afghanistan, wären wir am Ende. Aber Albanien liegt in Europa, das Risiko zu scheitern ist auf unserem Kontinent gering. Wir fühlen uns europäisch, wir sind Europäerinnen und Europäer, und Europa ist unsere wichtigste Religion. Wenn wir erst EU-Mitglieder sind, wird unser fast schon religiöser Eifer Europa betreffend vielleicht abnehmen, aber im Moment sind wir wahre EU-Fanatiker.
Weiterführende Lektüre
Um die EU-Erweiterung auf dem Balkan geht es auch im neuen Buch von profil-Journalistin Franziska Tschinderle (Co-Autoren: Krsto Lazarević und Danijel Majić). Es erscheint am 6. November bei der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung (Bpb) und ist online hier bestellbar.