Donald Trump, Melania, Jeffrey Epstein und Gislaine Maxwell postieren auf einer Party.
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Trump und die Epstein-Files: Die sechs wichtigsten Fragen und Antworten

Der US-Kongress stimmte für eine Veröffentlichung der Ermittlungsakten im Fall Jeffrey Epstein. Was bedeutet das für Präsident Trump? Die Hintergründe im Überblick.

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Es war eine Kehrtwende, wie man sie von US-Donald Trump nur allzu gut kennt. Monatelang wetterte Trump gegen jeden, der sich für eine Veröffentlichung der Ermittlungsakten zum Fall des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein aussprach. Doch er wurde die Angelegenheit nicht los. Am vergangenen Wochenende ließ er plötzlich wissen, er habe nichts zu verbergen. „Die Republikaner im Repräsentantenhaus sollten dafür stimmen“, schrieb der US-Präsident auf seiner eigenen Onlineplattform „Truth Social“.

Und das taten sie. Gestern Nachmittag (Ortszeit) stimmte das Repräsentantenhaus für ein Gesetz zur Herausgabe der Dokumente, kurz später passierte der Entwurf auch den Senat. Trump ließ wissen, dass er das Gesetz unterschreiben werde. Doch viele Fragen bleiben offen. Wieso die plötzliche Kehrtwende Trumps? Inwiefern könnten die Dokumente dem US-Präsidenten schaden? Und wie geht es jetzt weiter?

1. Wie geht es jetzt weiter?

Nach den Abstimmungen im Kongress liegt der Gesetzesentwurf bei US-Präsident Trump. Legt er kein Veto ein, ist das Justizministerium verpflichtet, die Akten innerhalb von 30 Tagen freizugeben. Bisher hat sich das Ministerium allerdings darauf berufen, keine Dokumente zu laufenden Ermittlungen freizugeben. Solche laufen derzeit auf Anordnung Trumps zu den Verbindungen zwischen Epstein und demokratischen Politikern. Anzunehmen ist, dass in den Dokumenten auch etliche Demokraten vorkommen – eine weitere Möglichkeit für Trump, von seinen eigenen Verwicklungen abzulenken. „Epstein war Demokrat, und er ist das Problem der Demokraten, nicht das Problem der Republikaner!“, schrieb Trump auf "Truth Social".

Die Liste der in den Epstein Files genannten Namen Prominenter ist lang. Neben Donald Trump kommen darin auch prominente Politiker der demokratischen Partei vor, darunter der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Dieser war in den frühen 2000-er Jahren mehrmals in Epsteins Privatjet mitgeflogen. Der ehemalige Präsident bestreitet, von Epsteins Verbrechen gewusst zu haben. Auch vonseiten der Opfer gibt es keine Vorwürfe gegen ihn. 

2. Warum ist die Sache überhaupt so brisant?

Der New Yorker Investmentbanker Jeffrey Epstein hat viele Jahre lang minderjährige Mädchen missbraucht und sie an Freunde weitergereicht. Im Jahr 2019 wurde er angeklagt, einen Ring zur Ausbeutung Minderjähriger unterhalten zu haben. Zu einem Prozess kam es nicht, nach offiziellen Angaben starb Epstein in Untersuchungshaft an Suizid. Zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde seine Partnerin Gislaine Maxwell, weil sie Epstein bei seinen kriminellen Machenschaften geholfen hatte. Sicher ist auch, dass Epstein viele Prominente und hochrangige Politiker zu seinen Freunden und Bekannten zählte. 

Zu ihnen gehörte auch Donald Trump, bis sich die beiden im Jahr 2004 zerstritten. Trump hat stets bestritten, mit Epstein befreundet gewesen zu sein. Doch das wird immer unglaubwürdiger. Im Sommer tauchte eine Grußkarte auf, die Trump Epstein zu dessen 50. Geburtstag geschrieben haben soll. „Ein Freund ist etwas Wunderbares“, schreibt Trump darin neben der Zeichnung eines weiblichen Torsos und wünscht weitere „wundervolle Geheimnisse“. Und in kürzlich veröffentlichten E-Mails schreibt Epstein, Trump wisse „über die Mädchen Bescheid“. 

3. Wieso hat Trump sich nun entschlossen, die Epstein-Files doch veröffentlichen zu lassen?

Weil es sich kaum mehr vermeiden ließ. Die Demokraten sowie ein wachsender Teil der Republikaner fordern seit Monaten die Herausgabe aller Akten zum Epstein-Skandal. Der Missbrauch Minderjähriger durch den Investmentbanker und seine prominenten Freunde erzürnt auch das MAGA-Lager („Make America Great Again“) seit Jahren. Deshalb ist es Trump ausnahmsweise nicht gelungen, den Republikanern seinen Willen aufzuzwingen. 

Vorige Woche hieß es, rund 100 Republikaner würden im Repräsentantenhaus für eine Veröffentlichung stimmen. Damit war klar, dass es dafür eine überwältigende Mehrheit gibt – und Trump entschloss sich, in die Offensive zu gehen. 

Das Seltsame daran: Eigentlich bräuchte es weder ein Gesetz noch den Kongress, Trump könnte die Veröffentlichung der Epstein-Files einfach anordnen. Doch das hat er nicht getan. 

4. Was könnten die Dokumente über Trump verraten?

Fotos und Videos belegen, dass Trump jahrelang mit Epstein verkehrte. Vor kurzem veröffentlichten die Demokraten E-Mails aus Epsteins Nachlass, in denen auch Trump auftaucht. 

„Natürlich wusste er von den Mädchen“, schrieb Epstein an den Journalisten Michael Wolff, und an seine Komplizin Ghislaine Maxwell: „Der Hund, der noch nicht gebellt hat, heißt Trump. Ein Opfer (Name geschwärzt) habe "Stunden mit ihm in meinem Haus verbracht. Er wurde nicht einmal erwähnt.“ In einem anderen Mail erklärt Epstein, der Trump für „grenzwertig wahnsinnig“ hielt: „Ich bin der Einzige, der ihn zu Fall bringen kann.“

Statue von Trump und Epstein vor dem Kapitol in Washington
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Donald Trump bestreitet alle Vorwürfe. 

Aufschluss geben könnten die Epstein-Files über die Beziehungen des Investmentbankers. Zu den Tausenden Seiten umfassenden Akten gehören Epsteins E-Mails, Einvernahmen mit Opfern und Zeugen sowie Kontoauszüge des verstorbenen Sexualstraftäters. 

5. Wie sehr kann Trump die Angelegenheit schaden?

Der Fall Epstein scheint – neben miserabler Wirtschaftsdaten – die einzige Affäre, die das Potenzial hat, Trump wirklich zu schaden. Viele von Trumps Anhängern aus der MAGA-Bewegung sind geradezu besessen vom Fall Epstein. Sie sind überzeugt, dass die Regierung brisante Dokumente unter Verschluss hält, um einflussreiche Persönlichkeiten zu schützen. Im Wahlkampf hatte Trump versprochen, die Ermittlungsakten zu veröffentlichen, dann aber nur Dokumente freigegeben, die nichts Neues lieferten. Danach stieg der Druck, und viele Republikaner wichen von Trumps Kurs ab. 

Sollten die Dokumente Trump belasten, kann der US-Präsident immer noch behaupten, es sei alles erlogen. Als die Grußkarte an Epstein auftauchte sprach Trump von einer „Fälschung“ und verklagte das „Wall Street Journal“, das zuerst darüber berichtet hatte. Die Republikaner versammelten sich hinter ihrem Präsidenten. 

Das kann auch im Fall der Epstein-Files wieder geschehen. Denkbar ist aber auch, dass sich die MAGA-Basis diesmal nicht so einfach befrieden lässt – vorausgesetzt, Trump hat sich wirklich etwas zuschulden kommen lassen. 

6. Wer steht in der Sache noch hinter Trump?

In den ersten zehn Monaten seiner Amtszeit hatte Trump die Republikaner in der Hand, Gegenwind gab es kaum. Doch im Fall Epstein ist es anders. In einem waren sich im US-Kongress fast alle einig: Die Epstein-Files müssen veröffentlicht werden.

Am Dienstag stimmten abgesehen von Clay Higgins, einem weit rechts stehenden Republikaner aus Louisiana, alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses für das Gesetz zur Veröffentlichung der Epstein-Files. 

Im Kongress scheinen sich die Republikaner daran erinnert zu haben, dass in einem Jahr Zwischenwahlen anstehen – und sie für eine Zukunft ohne Trump planen müssen.  

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort und seit 2025 stellvertretende Ressortleiterin. Schwerpunkt: Europa und USA.