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7 Fragen & Antworten zu Trumps Ukraine-Friedenspläne

Trump traf erst Putin, danach Selenskyj. Doch der anfängliche Elan scheint verpufft. Sieben Fragen und Antworten dazu, woran es hakt.

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Es ist nicht zu leugnen, dass mit Amtsantritt von Donald Trump Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine plötzlich möglich schienen. Trump selbst befeuerte diese Erwartung, indem er in seinem Wahlkampf versprach, den Krieg „in 24 Stunden“ zu beenden. Später bekannte er, unterschätzt zu haben, wie schwierig diese Aufgabe sei. Die Zuversicht, es zu schaffen, hat er dennoch bis heute behalten.

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Wie hat Trump es geschafft, dass ein Friedensprozess möglich scheint?

Trumps Gesprächspartner, von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron bis Ukraines Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj, werden nicht müde, dem US-Präsidenten für seine „persönlichen Anstrengungen, diesen Krieg zu beenden“ (Zitat Selenskyj) zu danken. Aber was genau hat Trump getan, um Wladimir Putin dazu zu bewegen, an einem beginnenden Friedensprozess teilzunehmen? Trump selbst ist der Meinung, es liege ausschließlich an seinen guten Beziehungen zu Putin.

Was der US-Präsident auf persönliche Freundschaft zurückführt, hat jedoch mit fundamentalen Änderungen im Umgang mit Putin zu tun:

  • Joe Biden, Trumps Vorgänger im Weißen Haus, ließ keinen Zweifel daran, dass Russland der alleinige Aggressor sei – Trump hingegen beschuldigt neben Putin auch Selenskyj (und Biden), für den Krieg verantwortlich zu sein.
  • Biden und viele europäische Regierungschefs beschuldigen Russland, Kriegsverbrechen begangen zu haben. Trump tut das nicht.
  • Biden und die NATO versicherten der Ukraine, sie mit Waffenlieferungen zu unterstützen, bis der Krieg beendet sei. Trump setzte Waffenlieferungen vorübergehend aus und deutete mehrmals an, sie gänzlich einstellen zu wollen.
  • Die europäischen Verbündeten wollen Putin als Angeklagten vor dem Internationalen Strafgerichtshof sehen, Biden nannte Putin einen „Killer“. Trump hingegen stellt Russland in Aussicht, sofort nach Kriegsende die diplomatischen Beziehungen zu normalisieren und „wunderschöne Geschäfte“ zu machen. Biden und die Europäer schlossen aus, die russische Annexion der Halbinsel Krim anzuerkennen. Trump sagte öffentlich, die Ukraine müsse die Hoffnung begraben, die Krim zurückzubekommen.
  • NATO-Generalsekretär Mark Rutte sagt noch im Oktober 2024 bei einem Besuch in Kiew: „Die Ukraine ist der NATO so nahe wie nie zuvor. Sie wird auf diesem Weg weitergehen, bis sie die NATO-Mitgliedschaft sicher hat.“ Trump widerspricht und schließt einen NATO-Beitritt der Ukraine aus.

All dies ergibt zusammengenommen eine Position, die Putin sehr entgegenkommt. Es wäre aus seiner Sicht unklug, dies nicht zu erwidern. Er muss annehmen, dass es für ihn nützlich sein kann, Gespräche über eine Friedenslösung nicht prinzipiell abzulehnen. Also macht er mit, und das kann Trump als seinen Erfolg verkaufen. Mit welchen Zugeständnissen der US-Präsident diese Kooperation erkauft hat, erwähnt er nicht.

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Worin besteht das Dilemma mit den Sicherheitsgarantien?

Ein großer Durchbruch sei gelungen, jubelte das Weiße Haus im Anschluss an den Alaska-Gipfel von Trump und Putin. Die Neuigkeit: Putin habe akzeptiert, dass Europa und die USA der Ukraine Sicherheitsgarantien geben würden.

Das bedeutet, dass im Fall eines Friedensvertrags europäische Staaten – die Rede ist von zehn Staaten, angeführt von Großbritannien und Frankreich – die neue Grenze zwischen Russland und der Ukraine absichern. Die USA wiederum wären nach den Worten von Donald Trump bereit, im Ernstfall Unterstützung aus der Luft zu leisten.

Eine solche Sicherheitsgarantie würde es der Ukraine erlauben, sich auf einen Vertrag mit Russland einzulassen, denn das – wenig verlässliche – Wort Putins, die Ukraine nicht erneut anzugreifen, wäre durch die Zusicherungen Europas und Washington gestützt.

Doch aus Russland kam umgehend Widerspruch. Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, sagte, ihr Land würde die Stationierung von Soldaten aus NATO-Staaten in der Ukraine kategorisch ablehnen. Dies könne nämlich zu einer „unkontrollierbaren Eskalation des Konflikts mit unvorhersehbaren Folgen führen“. Moskau geht sogar noch einen Schritt weiter. Am Mittwoch erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow vor Reportern, dass Russland Teil der zukünftigen Sicherheitsgarantien der Ukraine sein müsse. Der Aggressor als Friedensgarant – diese für Kiew unannehmbare Idee gewährleistet ein Scheitern der Verhandlungen.

Damit bleibt auch in diesem Punkt fraglich, ob Putin und Trump bei ihrem Gespräch in Alaska etwas vereinbart haben, das als Basis für Verhandlungen taugt.

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Gibt es demnächst ein Treffen von Putin und Selenskyj?

Friedensprozesse folgen keinen starren Regeln. Am Ende zählt, dass der Krieg beendet wird. Dennoch ist bemerkenswert, wie Trump den Ablauf der Ereignisse choreografiert. Den Auftakt machten zwei aufsehenerregende Gipfel, erst mit Putin, danach mit Selenskyj, Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, und den Staats- und Regierungschefs Macron, Keir Starmer (UK), Friedrich Merz (D), Giorgia Meloni (I), Alexander Stubb (Fin). Das Weiße Haus verkündete nach beiden Ereignissen „Fortschritte“, doch welche dies genau waren, blieb unklar.

Robert Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur