Aufgedreht

Rapperin Yasmo mit neuem Album: Lange nicht lost

Kapitalismuskritik, Feminismus, Alternativkultur: Wie die Wiener Rapperin Yasmo die Jugend politisiert.

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Anruf bei Yasmo. Die Rapperin veröffentlicht dieser Tage ihr neues Album, es muss aber eingangs über die Causa prima im österreichischen Kulturbetrieb gesprochen werden: der kolportierte Umbau der Pop- und Kultursender FM4 und Ö1; im Zentrum ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, Radio-Chefin Ingrid Thurnher – und mindestens zwei Protestbriefe prominenter Musiker. „Diese Sender sind für die österreichische Kulturlandschaft unglaublich wichtig“, sagt sie. Es wäre eine Katastrophe für die Alternativszene, wenn man sie kaputtsparen würde. „Für die nachkommenden Generationen an Musikerinnen und Musiker wird es nur noch schwieriger“, betont Yasmo und redet sich im Telefongespräch in Rage: „Und in zwanzig Jahren hat man dann keine alternative Musik mehr in Österreich.“

Die kulturelle Vielfalt ist in Gefahr, aber Yasmo, die eigentlich Yasmin Hafedh heißt, hält mit ihrer dritten Songsammlung (Titel: „Laut und Lost“) dagegen. Ihre Themen auf den zwölf neuen Songs: Kapitalismuskritik, Feminismus („Ich feier mich, weils leiwand ist / Was ist mit dieser Frau, sie fühlt sich wohl in ihrer Haut“ heißt es im Song „Haut“) und die Frage, wie man als Künstlerin den sprichwörtlichen Spagat zwischen Angepasstheit und Selbstermächtigung im Herbst nach der Pandemie schafft. Denn: Ein wenig ist Yasmo in den vergangenen Jahren auch erwachsener, oder wie sie es sagen würde, reifer geworden. „Innerlich bin ich schon noch ein neugieriges Kind, aber es ist viel mehr Weitblick dazugekommen“, so die Musikerin im profil-Gespräch. Heute geht es nicht mehr nur um die ausgelassene Party, sondern auch um die Verantwortung für die Sache: „Früher schrieb ich Sätze, heute schreib ich Umsatz / Das Arbeiterkind hat jetzt Erspartes“, singt sie im Song „100K“, den sie mit der Musikerin Mira Lu Kovacs aufgenommen hat.

Pop, Politik und Protest hat Yasmo, die heute 32 Jahre alt ist, schon seit ihren künstlerischen Anfängen zusammengedacht; bereits mit 15 Jahren stand sie bei Poetry Slams auf der Bühne, heute kuratiert sie Festivals, sitzt in Gremien, veröffentlicht Hip-Hop-Alben – und redet sich bei jeder Gelegenheit die Seele aus dem Leib. Die öffentliche Bühne ist ihr während der Pandemie abhandengekommen. Über die Skandale der türkisen ÖVP-Minister, über Laptops in Kinderwägen und Untersuchungsausschüsse hätte sie eigentlich ein schnelles Stand-up-Programm geschrieben, erzählt sie. Den Frust und das ratlose Kopfschütteln hat sie auf ihr neues Album gepackt, das jedoch positiv in die Zukunft blickt.

Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.