American Eagle Kampagne mit Sydney Sweeney

Sydney Sweeney: Blonde Haare, blaue Augen und Rassismus?

Die US-amerikanische Schauspielerin Sydney Sweeney steht (wieder einmal) wegen einer problematischen Werbung im Rampenlicht. Diesmal wird ihr vorgeworfen, Rassismus zu propagieren. Wie viel ist da dran?

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Es ist erst zwei Monate her, als Sydney Sweeney (bekannt aus der Kultserie „Euphoria“ oder der Romcom „Wo die Liebe hinfällt“) Seifen, die nach ihrem eigenen Badewasser riechen sollen, an Männer verkauft hat. In dem Video, das Produkt bewerben sollte, begrüßt sie ihre Zuseher mit „Hallo, meine schmutzigen, kleinen Buben“ und präsentiert sich absichtlich lasziv. Der Spot erregte im Netz sofort extrem viel Aufmerksamkeit. Während die Seife binnen weniger Minuten ausverkauft war, warfen Kritikerinnen und Kritiker Sweeney vor, den feministischen Rückschritt voranzutreiben, weil sie sich bewusst als Sexobjekt degradiert und an den männlichen Blick angepasst hat. Sweeney ist seit ihrem Durchbruch in der Teenieserie Euphoria aufgrund ihres Aussehens für viele Menschen zum gegenwärtigen Sexsymbol geworden. Sie ist schlank, hat große Brüste, lange, blonde Haare und große blaue Augen. Dass sie von vielen Männern dadurch objektifiziert und auf ihr Aussehen reduziert wird, ist unumstritten – vielleicht wollte sie sich mit dem Verkauf der Männerseife emanzipieren und die Kontrolle über ihre eigene Objektifizierung zurückholen? 

Nun, zwei Monate später, ist Sweeney wieder in den Schlagzeilen und sorgt für Empörung. Diesmal ist sie das Gesicht einer Jeans-Kampagne der amerikanischen Bekleidungsmarke „American Eagle“. In dem Werbespot trägt Sweeney blaue Jeans und ein aufgeknöpftes Jeanshemd und sagt: „Gene werden von Eltern an ihre Nachkommen weitergegeben und bestimmen oft Eigenschaften wie Haarfarbe, Persönlichkeit und Augenfarbe. Meine Jeans sind blau.“

„Sydney Sweeney hat tolle Jeans“ – lautet der Slogan der Kampagne, der in den USA auf gigantischen Billboards abgedruckt wurde. Im Englischen werden die Wörter „Gene“ und „Jeans“ gleich ausgesprochen und unterscheiden sich lediglich in Kontext. Die Kampagne ließ – wohl bewusst und kalkuliert – Raum für Interpretationen. Handelt es sich hierbei um einen Zufall oder um das bewusste Reproduzieren rassistischer Propaganda?

Der Clip spaltet inzwischen die USA. Während Konservative begeistert sind, empören sich insbesondere progressivere Personen. Eine normschöne, blonde und blauäugige Frau mit „guten Genen“, die sich bewusst dem male gaze (der männlichen Normvorstellung) anbiedert? Erinnert mit Bauchweh an Zeiten, in die man eigentlich nicht mehr zurück wollte. 

Dazu kommt, dass Jay Schottenstein, der CEO von American Eagle Medienberichten zufolge sowohl Wahlkämpfe von Donald Trump als auch von Benjamin Netanjahu mitfinanziert hat. Sweeney selbst soll außerdem auch registrierte Republikanerin sein – ihre Eltern gelten als stolze Trump-Fans. Auf Social Media findet man Fotos von Sydney Sweeney auf Familienfeiern, wo Mitglieder „Make America Great Again“-Kappen zu sehen sind. Zwar äußerte sich Sweeney bisher nicht zu ihrer politischen Gesinnung, distanziert hat sie sich aber auch nicht.

Das Ganze freute natürlich einen ganz besonders: Donald Trump. Der US-Präsident schrieb am Montag auf Truth Social, seiner eigenen Plattform: „Sydney Sweeney, eine registrierte Republikanerin, hat die heißeste Werbung, die es gibt.“ 

Sweeney selbst hat zu der American Eagle-Kampagne keine Stellungnahme abgegeben. American Eagle teilte in einem Instagram-Posting mit, dass das Unternehmen weiterhin zu der Kampagne stehe und dass es sich in Werbung lediglich um Jeans gehandelt.

Die Debatte über die amerikanische Kampagne schwappte mittlerweile nach Österreich über. Neos-Klubobmann Yannick Shetty äußerte sich am Montag auf Instagram und findet, dass die Werbung mit Rassismus nichts gemeinsam hat: „Ich kann die Aufregung über die Kampagne null nachvollziehen. Was ich aber mittlerweile echt problematisch finde, ist, dass alles, was einem nicht gefällt, sofort als rassistisch oder politisch nicht korrekt abgestempelt wird.“

Also ist es doch nur purer Zufall, dass einer schönen, blonden, blauäugigen, republikanischen Frau gute Gene zugesprochen werden? 

Sweeney und American Eagle würden laut der Pressebeauftragten von ZARA, dem Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, bewusst mit eugenischen Rhetoriken spielen. Eugenik ist eine rassistische Pseudowissenschaft, die zwischen vermeintlich „guten“ und „schlechten“ Erbanlagen unterscheidet. Ziel dieser Ideologie ist es, mit gewaltsamen Maßnahmen, wie Zwangssterilisation die Fortpflanzung von Menschen mit „schlechten“ Genen zu verhindern – gemeint damit sind etwa Schwarze Personen, Menschen mit Behinderungen oder Menschen aus der LGBTQ-Community. „Die Sprache in den Werbeclips rund um ‚gute Gene‘, samt direkter Anspielungen auf Sweeneys blondes Haar und blaue Augen, ist daher keineswegs harmlos. Sie reproduziert das rassistische Narrativ weißer Überlegenheit und spielt damit nicht nur rechten Akteur:innen in den USA in die Hände, sondern auch in Österreich.“

Oft sind es nämlich die unterschwellig wirkenden Messages, die Rhetorik, die erst eingeordnet werden muss, bei der man sich nicht ganz sicher ist, die einen Eindruck hinterlassen. „(Die Kritik an der Werbung, Anm.) ist nicht nur vollkommen übertrieben, sondern spielt den wahren Rassisten sogar in die Karten“, findet Shetty. Bleibt nur die Frage, wen man zu den „wahren Rassisten“ zählt.

Natalia Anders

Natalia Anders

ist seit Juni 2023 Teil des Online-Ressorts und für Social Media zuständig.