Christian Stocker: „Speed kills ist nicht die primäre Zugangsweise“
Von Gernot Bauer und Iris Bonavida
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Herr Bundeskanzler, im Februar waren Sie noch Vizebürgermeister in Wiener Neustadt und beschäftigten sich mit lokalen Problemen wie Ortsumfahrungen und Wachstuben am Bahnhof.
Christian Stocker
Nicht nur.
Womit noch?
Stocker
Zum Beispiel mit dem Gemeindebudget.
Jetzt sind Sie Bundeskanzler, sind für ein ungleich größeres Budget mitverantwortlich, nahmen am Begräbnis des verstorbenen und am Einführungsgottesdienst des neuen Papstes teil und reden mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron über den Ukraine-Krieg. Denken Sie sich manchmal noch Wie bin ich da hineingeraten? Und mit welchem Tempo?
Stocker
Das Tempo ist tatsächlich beachtlich. Es waren sehr intensive erste Monate, insbesondere die internationale Bühne war für mich ungewohnt. Aber ich bin sehr freundlich aufgenommen worden, sodass es eigentlich ein leichter Einstieg war in Anbetracht der schwierigen geopolitischen Situation.
Wie muss man sich das vorstellen, als Sie im März als neuer Kanzler erstmals am Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs teilnahmen? Kommt dann Macron und sagt „Bienvenue, Monsieur le Chancelier! Je suis Emmanuel!“ Und der damalige deutsche Kanzler Scholz meint: „Tach, Herr Kollege, ich bin der Olaf.“
Stocker
Mein erster Europäischer Rat fand bereits in der Woche der Angelobung Anfang März statt. Wenn man sich das erste Mal begegnet, wird man teilweise mit Vornamen, teilweise mit Nachnamen angesprochen. Ich habe auch eine Einladung nach Paris erhalten. Wie gesagt: Die Aufnahme ist freundlich. Aber man muss auch ein wenig hineinwachsen, und darum habe ich zu Beginn einmal zugehört.
Sie sind auch ein Lernender, wie Karl Nehammer sich bezeichnete.
Stocker
Lernen hört nie auf.
Was sagt es über die österreichische Politik aus, dass jemand Bundeskanzler wurde, weil er – zugespitzt – nicht abgesagt hat, als die ÖVP nach dem Rücktritt von Karl Nehammer dringend auf der Suche nach einem Chef war?
Stocker
Das zeigt, dass in der Politik Dinge unvorhersehbar sind und manche Entscheidungen schnell fallen. Es muss deswegen aber nicht schlecht sein.
Was sagt das über die ÖVP aus?
Stocker
Dass wir sehr schnell entscheiden können. Ich habe die Aufgabe als Bundesparteiobmann mit Freude angenommen.
Sie sind seit 100 Tagen im Amt. Sie haben die Öffentlichkeit wissen lassen, dass Sie Ihre Regierungstätigkeit in drei Phasen anlegen sanieren, reformieren, investieren. Beginnen wir mit dem Sanieren. Sie haben das massive Budgetdefizit geerbt. Hat sich Ex-Finanzminister Magnus Brunner schon bei Ihnen entschuldigt?
Stocker
Dafür gibt es keinen Anlass. Ich werde auch keine Kindesweglegung betreiben. Als ÖVP-Generalsekretär war ich in viele Entscheidungen eingebunden. Magnus Brunner tut man aus meiner Sicht Unrecht. Die Ausgaben des Bundes waren 2024 um 1,7 Milliarden Euro geringer als budgetiert. Allerdings hat sich die Wirtschaftsleistung und damit das Steueraufkommen schlechter entwickelt als von den Experten prognostiziert. Daraus resultiert ein Defizit, mit dem wir nicht rechnen konnten.
Man kann Magnus Brunner vorwerfen, dass er als Finanzminister zu den diversen Wünschen nach höheren Ausgaben öfter Nein hätte sagen müssen.
Stocker
Ich weise diesen Vorwurf zurück, weil ich oft dabei war, als all die Begehrlichkeiten an Magnus Brunner herangetragen wurden: Wir brauchen eine Strompreiskompensation, wir brauchen eine Umsatzentfall-Kompensation, wir brauchen die Kurzarbeit, wir brauchen etwas für die Pensionisten, für die Einkommensschwächeren. Und diese Wünsche waren ja nachvollziehbar angesichts der Folgen von Corona, Ukraine-Krieg und Inflation.
Das Doppelbudget wird insgesamt gelobt. Aber Sanierungsbudget oder gar ein Sparpaket ist es keines. Die Ausgaben des Bundes steigen auch 2025 an und die Steuer- und Abgabenlast auf 45,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Man könnte fast meinen, im Kanzleramt sitzt ein roter und kein schwarzer Regierungschef.
Stocker
Als Bundesregierung konsolidieren wir heuer 6,4 Milliarden Euro und nächstes Jahr 8,7 Milliarden Euro. Das haben viele gar nicht für möglich gehalten.
Sie sagen „konsolidieren“ und nicht „sparen“.
Stocker
Es ist eine Mischung aus Sparen, Konsolidieren und moderaten Einnahmenerhöhungen. Dieses Paket soll uns mittelfristig, das Finanzministerium rechnet mit 2028, wieder auf das Drei-Prozent-Maastricht-Defizit bringen.
Werden Sie als zuständiges Regierungsmitglied den überhöhten Lohnabschluss der Beamten für 2026 wieder aufschnüren? Warum wird von Beschäftigten der Privatwirtschaft Lohnzurückhaltung erwartet, während die Einkommen der Beamten weiter steigen?
Stocker
Die Politik hat die umfassendste Lohnzurückhaltung an den Tag gelegt. Ich weiß gar nicht, wie viele Nulllohnrunden die Politik schon gehabt hat.
Aber die Parteienförderung wird im geplanten Sparpaket nur ein einziges Mal nicht valorisiert. Gekürzt wird sie schon gar nicht.
Stocker
Das Parteienfinanzierungsgesetz hat klare Regelungen für Spenden geschaffen. Diese sind aufgrund der Einschränkungen de facto nicht möglich. Wenn also private Finanzierungen nicht möglich sind, ist die öffentliche Finanzierung der Parteien die Alternative. Für irgendetwas muss man sich entscheiden.
Aber es gibt auch etwas dazwischen. Die Parteienförderung in Österreich bleibt sehr großzügig.
Stocker
Ich bekenne mich dazu, dass Parteien, auf denen unsere Demokratie ja basiert, finanziert werden. Und nochmals: Die Politiker selbst haben tatsächlich mehrere Nulllohnrunden hinter sich.
Und was ist mit den schon fixierten Beamtengehältern für 2026?
Stocker
Was bereits abgeschlossene Verhandlungen betrifft, bin ich sehr vorsichtig. Die Gehaltsanpassungen für den öffentlichen Dienst sind in Gesetzesform gegossen. Wenn es hier überhaupt zu einer Diskussion kommt, wird die nur auf der sozialpartnerschaftlichen Ebene, also in Absprache mit den Gewerkschaften, zu führen sein.
Reden wir über das Reformieren. „Speed kills“ ist nicht gerade das Motto Ihrer Regierung?
Stocker
„Speed kills“ ist im Moment vielleicht nicht die primäre Zugangsweise. Wenn wir Reformen im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich, im Energiesektor, im Stabilitätspakt mit den Bundesländern anstreben, müssen sich viele einbringen. Ein Konsens wird schon eine gewisse Zeit benötigen, aber wir haben jetzt das Fenster, in dem wir uns dem widmen können.
Weil es bis Herbst 2027 keine Wahlen gibt?
Stocker
Natürlich, Wahlen sind immer Marksteine im politischen Kalender. Reformen sind in Wahljahren schwieriger umzusetzen. Aber das Wichtige ist, dass man sich einmal einig ist, in welchen Bereichen man Reformen ansetzen will.
Tirols Landeshauptmann Anton Mattle hat gemeint, er wünscht sich eine Bereinigung der Strukturen bei Bildung und Gesundheit. Gut?
Stocker
Natürlich.
Gilt das auch für die Elementarpädagogik, also die Kindergärten? Der Bund ist für die Ausbildung der Pädagogen zuständig und die Länder sind es für Gesetzgebung und Vollziehung.
Stocker
Ja.
Bleiben wir beim Thema Bildung. Gibt es eigentlich einen Grund dafür, dass es Bundes- und Landeslehrer gibt, außer dass es quasi immer schon so war?
Stocker
Das ist sicher ein Grund. Die Frage ist, ob der Grund noch zu beachten ist. Ob das jetzt Bundes- oder Landeslehrer sein müssen und wie man das Lehrersystem am gescheitesten organisiert, kann man diskutieren. Das übergeordnete Ziel muss aber sein, dass Kinder am Ende der Pflichtschulzeit lesen, schreiben und rechnen können. Und wenn dann Grüßen noch dazukommt, wäre es auch nicht schlecht.
Grüßen ist Ihnen so wichtig?
Stocker
Grüßen ist ein Signal dafür, dass sich junge Menschen in unserer Gesellschaft zurechtfinden und mit ihrer Umgebung in verschiedenen Situationen umgehen können. Da geht es um persönliche und soziale Kompetenzen. Die Schule muss wieder Orientierung geben und vermitteln, dass eine Hausordnung zu gelten hat und dass Regeln keine Vorschläge, sondern einzuhalten sind.
Der Präsident des Fiskalrats, Christoph Badelt, warnt vor einer demografischen Zeitbombe. Die Ausgaben für Gesundheit und Pflege werden rasant wachsen. Da müssten Sie ungebremst reformieren.
Stocker
Im Gesundheitsbereich gibt es gewiss einen Reformdruck.
Und in welche Richtung?
Stocker
In die Richtung einer Diskussion, ob wir die Finanzierungen entflechten können, ob wir die Patientenlenkung besser steuern können. Da gibt es viele Vorschläge, wie man zu effizienteren Strukturen kommt.
Muss man die Bevölkerung jetzt schon darauf vorbereiten, dass unangenehme Reformen kommen werden?
Stocker
Dass eine Reform grundsätzlich unangenehm sein muss, glaube ich nicht.
Es kann eine Begleiterscheinung sein.
Stocker
Es geht darum, dass wir viel Geld im Gesundheitsbereich ausgeben. Und es ist kein Geheimnis, dass hier Doppelgleisigkeiten bestehen. Es ist nicht unangenehm, wenn diese abgeschafft werden und das System effizienter wird. Letztlich sollten am Ende der Reform die Menschen medizinisch besser versorgt werden.
Wie soll konkret gespart werden?
Stocker
Ist es wirklich notwendig, in eine Ambulanz, in ein Krankenhaus zu gehen? Kann eine Untersuchung auch im niedergelassenen Bereich gemacht werden? Geht da etwas über Telemedizin? Muss ich wirklich jederzeit ohne Überweisung zu einem Facharzt gehen können? Das ist vielleicht eine lieb gewonnene Gewohnheit, aber es kann auch eine Gewohnheit werden, dass man grundsätzlich erst einmal zum Hausarzt geht.
Kommen wir zum Investieren: Österreich wird heuer das einzige Land in der EU ohne Wachstum sein. Was werden Sie dagegen tun? Wirtschaftspolitik war ja bisher nicht so Ihr Fachbereich.
Stocker
Als Kommunalpolitiker müssen Sie natürlich eine Ahnung von Wirtschaftspolitik haben. Ohne Wachstum ist Ende Gelände in der Gemeindekasse. Ich bin von meiner Ausbildung her Anwalt, aber ein Grundverständnis für Wirtschaft darf ich in Anspruch nehmen. Und mit Wolfgang Hattmannsdorfer habe ich einen sehr kompetenten Wirtschaftsminister.
Aber woher kommt das Wachstum, wenn Investitionen wegen des Defizits nicht finanzierbar sind?
Stocker
Im Moment sind wir durch die budgetäre Situation eingeschränkt, das stimmt. Aber nicht alles, was wirksam ist, kostet Geld. Wenn wir Verfahrensvereinfachungen und bürokratische Verschlankungen schaffen, kostet das gar nichts, ist aber für die Wirtschaft durchaus von hohem Wert. Wenn wir Förderungen in Garantien und Haftungen umbauen, können wir mit demselben Volumen einen viel größeren Hebel bedienen. Wir können als Staat kein Wirtschaftswachstum schaffen, aber Impulse setzen.
Die Industriellenvereinigung ist von den wirtschaftspolitischen Plänen der Regierung noch nicht richtig begeistert.
Stocker
Dann haben wir noch etwas zu tun, um sie zu begeistern.
Neun europäische Länder haben dazu aufgerufen, die Ausweisung ausländischer Straftäter zu vereinfachen. Einen entsprechenden offenen Brief auf Initiative Dänemarks und Italiens über die Neuauslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention haben auch Sie unterzeichnet. Die Initiative erinnert an FPÖ-Obmann Herbert Kickl, der 2019 in Zusammenhang mit der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte meinte, das Recht habe der Politik zu folgen und nicht umgekehrt.
Stocker
Grundsätzlich ist es so, dass die Rechtsetzung durch Politik erfolgt. Das ist das Wesen unserer Demokratie. Das Recht geht vom Volk aus, repräsentiert durch Mandatare im Parlament, die Gesetze beschließen. Die Politik hat diesem Recht zu folgen. Die EMRK ist ein völkerrechtlicher Vertrag von 46 Vertragsstaaten. Die Auslegung erfolgt durch den EGMR. Die Konvention ist ein Living Instrument. Das heißt, sie wird ständig weiterentwickelt. Wenn wir feststellen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für Menschenrechte zu schwinden beginnt, wenn nicht mehr nachvollziehbar ist, wie die Auslegung durch den EGMR erfolgt und das dazu führt, dass nationale Politik in wichtigen Fragen ohnmächtig erscheint, dann muss man das als Politiker auch thematisieren.
Nichts anderes hat Herbert Kickl gemacht.
Stocker
Herbert Kickl hat, und das habe ich gut im Ohr, in den Verhandlungen mit uns die Idee gehabt, man müsse sich nicht immer zu hundert Prozent an jede Gerichtsentscheidung halten. Das ist ein grundlegender Unterschied. Ich stelle weder die Grundrechte infrage noch die Unabhängigkeit und Autorität des EGMR. Aber ich erlaube mir, eine Diskussion mit anzustoßen, wie jene Staaten, die diese Konvention unterzeichnet haben, ihren Vertrag ausgelegt wissen wollen. Das ist nichts Verbotenes. Dieser Brief hat das Ziel, dass wir bei der Auslegung der Menschenrechte den Nationalstaaten mehr Möglichkeiten einräumen, dass Straftäter bei schwerwiegenden Verbrechen wieder leichter außer Landes gebracht werden können.
Ihre Koalitionspartner sind ob Ihrer Unterschrift ungehalten.
Stocker
Die Koalitionspartner sind informiert worden, also war es ihnen nicht unbekannt. Zudem ist es keine Beschlussfassung des Ministerrats. Es ist ein Brief, der die Besorgnis ausdrückt, dass wir die Akzeptanz für Menschenrechte und Gerichtsurteile verlieren könnten, wenn wir hier nicht hinschauen.
Ihr Umweltminister Norbert Totschnig nennt es nur noch eine Vision, bis 2040 klimaneutral zu sein. Wieso nimmt die ÖVP ihre Zielsetzung zurück, die sie in der vorigen Regierung nach Brüssel gemeldet hat?
Stocker
Wir haben es im Regierungsprogramm stehen. 2040 wollen wir die Klimaziele erreichen.
Als Vision?
Stocker
Es bleibt ein Ziel. Die Frage ist immer: Wie erreiche ich es. Wir haben einen anderen Zugang als unser ehemaliger grüner Koalitionspartner. Ich bin kein großer Anhänger von Verboten und Vorschriften, wie jeder leben soll, was er essen soll, wohin er auf Urlaub fahren soll, wie seine Mobilität gestaltet sein soll. Mir geht es darum, dass man sich überlegt, womit ich die beste Wirkung erreiche.
Sie haben am Montag eine kurze Aussendung zum Freispruch für Sebastian Kurz abgesetzt. Wie sehen Sie den Fall als Anwalt?
Stocker
Ich freue mich für Sebastian Kurz persönlich, dass er nach Jahren der Belastung freigesprochen wurde. Das Verfahren hatte, wie wohl jeder Anwalt es beurteilen wird, eine ungewöhnlich lange Dauer. Bei Karl-Heinz Grasser, der verurteilt wurde, dauerte das Verfahren sogar 20 Jahre. Das ist kein Ruhmesblatt für die Justiz. Das sind aber unabhängig von Sebastian Kurz allgemeine Überlegungen, die ich als Anwalt im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der Strafrechtspflege anstelle.
Gilt in der ÖVP nur noch eine rechtskräftige Verurteilung als Rücktrittsgrund? Ihr Klubobmann August Wöginger wurde kürzlich wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch angeklagt, weil er in Zusammenhang mit einer Postenbesetzung beim früheren Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, für einen Parteifreund intervenierte.
Stocker
Gerade der Prozess von Sebastian Kurz zeigt, dass man bei einer Anklage und auch bei einer erstinstanzlichen Verurteilung vorsichtig sein sollte. Wir stehen hinter August Wöginger, er hat mein vollstes Vertrauen. Und bei dem Sachverhalt, den ich kenne, kann ich mir nicht vorstellen, dass er verurteilt wird. Aber sollte es so sein, wird sich an meiner Unterstützung für August Wöginger nichts ändern.
Selbst wenn er verurteilt ist?
Stocker
An meiner Unterstützung für August Wöginger wird sich nichts ändern. Ich habe den Akt nicht gelesen, aber von Wöginger ein bisschen etwas gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er bei diesem Sachverhalt verurteilt wird.
Wer trägt eigentlich die Anwalts- und Verfahrenskosten für August Wöginger?
Stocker
Für Wöginger trägt sie sein Rechtsschutz.
Und für Sebastian Kurz?
Stocker
Im Falle von Sebastian Kurz erfolgt die Kostendeckung durch die Volkspartei. Dies basiert auf einem Beschluss, der für alle hochrangigen Funktionsträger der ÖVP-Bundespartei gilt. Man sieht ja, wie leicht Spitzenpolitiker einem Verfahren ausgesetzt sein können, weil es immer mehr politisch motivierte Anzeigen gibt.
Als Vizebürgermeister in Wiener Neustadt haben Sie sich unter dem Motto „Fassl fürs Gassl“ mit einem Bierfass auf die Straße gestellt, um mit Ihren Bürgern zu reden. Dass Sie ein Bierfass vor dem Kanzleramt aufstellen, ist unwahrscheinlich.
Stocker
Das war eine klassisch kommunalpolitische Veranstaltungsreihe, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Als Bundeskanzler ist mein Aufgabengebiet ein bisschen größer. Aber den Kontakt zu den Menschen will ich nicht verlieren. Daher werde ich viel in den Bundesländern unterwegs sein und die Stammtische nicht verweisen lassen. Aus der Kommunalpolitik ausgeschieden zu sein, darunter leide ich schon.
Ein Gespräch mit Präsident Macron im Pariser Élysée-Palast kann dieses Leid nicht ersetzen?
Stocker
Nein, so wie umgekehrt auch ein Bürgergespräch das Gespräch mit Macron nicht ersetzen kann.
Fotos: Alexandra Unger

Gernot Bauer
ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.

Iris Bonavida
ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.