#wienwahl2020

Meinungsforscher Peter Hajek über die Wahlmotive bei der Wien-Wahl

Warum fast niemand die ÖVP wegen Gernot Blümel gewählt hat und es keinen Grund gab, die SPÖ nicht zu wählen. Eine Analyse.

Drucken

Schriftgröße

Die Rolle der Spitzenkandidaten bringt wenig Überraschungen: Heinz-Christian Strache war für seine Wähler das Hauptmotiv. Michael Ludwig spielte für 40 Prozent seiner Wähler eine sehr wichtige Rolle. Auffallend ist das Ergebnis für Dominik Nepp: Seine Auftritte im Wahlkampf dürften sich bezahlt gemacht haben, währenddessen Gernot Blümel bei weitem keine so große Rolle für die ÖVP-Wähler gespielt hat. Die geringe Rolle von Birgit Hebein und Christoph Wiederkehr ist ein logisches Ergebnis, da die Spitzenkandidaten bei diesen beiden Parteien häufig weniger Relevanz haben als bei anderen Parteien.

Die Ergebnisse für die einzelnen Parteien sind logisch und bilden die Kampagnen klar ab. Simpel gesagt gab es keinen Grund, die SPÖ abzuwählen, der Rest der Kampagne tat dann sein übriges. Die SPÖ wurde von wenigen der eigenen Wähler der Nationalratswahl 2019 nicht mehr gewählt, weil man die Grünen in Wien stärken wollte und – das ist überraschend – weil man mit der Bundesvorsitzenden unzufrieden ist. Weiters dürfte die SPÖ – einige wenige – Wähler beim Thema Migration liegen lassen haben.

Das Wählermotiv beim bisherigen Grünen Koalitionspartner ist klar und deutlich: Umweltpolitik. Spannender sind die Motive, warum man die Grünen nach der Nationalratswahl 2019 nicht mehr gewählt hat: Hier spielen die Spitzenkandidatin und die Grünen in der Bundespolitik (sowohl positiv als auch negativ) eine tragende Rolle.

Auffallend ist, dass bei ÖVP-Wählern das Thema Zuwanderung und Integration, wie auch bei FPÖ und Strache, nicht nur das wichtigste Thema war, sondern auch vor Wirtschaft und Arbeitsplätze liegt. Ob das ein zukunftsträchtiges Modell für die ÖVP ist, bleibt fraglich.

Die Kampagne der NEOS hat – vereinfacht gesagt – gegriffen. Auffallend auch hier die Nicht-Wähler-Motive: Christoph Wiederkehr dürfte sich mit seiner kantigen Linie insbesondere gegenüber der „Blümel-ÖVP“ einerseits Aufmerksamkeit, andererseits auch eine Gegnerschaft geschaffen haben.

Die FPÖ hingegen ist am Stammwählersockel angekommen. Dominik Nepp ist überraschend das wichtigste Motiv. Die Nichtwählermotive sind – wenig verwunderlich – die Skandale der letzten Zeit. Heinz-Christian Strache war aber ebenso ein Motiv, die Blauen nicht zu wählen. Beim Team HC Strache gibt es kaum Unterschiede zur FPÖ. Strache überstrahlt alles. Aber das Argument, dass eine Stimme für Strache eine verlorene Stimme ist, dürfte zum Teil angekommen sein.