Aufgedreht

"Exit Strategy" von Drangsal: Teufel komm raus

Auf der Suche nach Zerstreuung im Schlagerpop des Berliner Musikers Drangsal.

Drucken

Schriftgröße

Eine Erkenntnis des Erwachsenwerdens: Man kann vor sich selbst nicht davonlaufen. Da hilft keine Weltreise, kein Kletter-Abenteuer, auch keine Drogen – aber, und hier wären wir bei Drangsal, dem Berliner Popexistenzialisten, vielleicht gute Popmusik? „Ich weiß doch gar nicht, wer ich bin“, heißt es im Eröffnungssong „Escape Fantasy“ seines neuen Albums, und es ist der Beginn einer 40-minütigen Sinn- und Identitätssuche: „Alte Bilder blenden mich / Ich blende sie alle aus.“ Drangsal weiß aber auch: Wenn man nicht davonlaufen kann, sollte man alternativ genau in den Spiegel blicken, selbst wenn einem da ein kleiner Teufel entgegenblickt. 

Drangsal (hinter dem Pseudonym versteckt sich der 28-jährige Musiker Max Gruber) geht es auf den elf Songs von „Exit Strategy“ vor allem um eines: das Leben als Uneindeutigkeit zu verstehen. Er singt mit viel Schmalz und Verve über Geschlechterrollen und Queerness („Mädchen sind die schönsten Jungs“), über sexuelle Fantasien und Masochismus. Und wie klingt dieser wilde Ritt aus Schlager und Indie? Drangsal würde sagen: Ich komme von Die Ärzte, von Tocotronic – und habe die Achtzigerjahre-Platten meiner Eltern studiert. Dazu gehört hin und wieder eine Auszeit vom Ich: „Mein Kopf hängt in den Wolken, doch es regnet in Strömen / Scheint, als würde ich mich niemals an mich selber gewöhnen.“

Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.