„Systemsprenger“: Was tun, bevor wir Kinder einsperren
In der Jugendarbeit ist für viele das – zeitweise – Einsperren von Minderjährigen ein Tabu. Nur wenige Stimmen, wie etwa die von Walter Eichmann vom Verein Oase vor einigen Wochen, sprechen sich dafür aus. Doch bei einem Punkt sind sich die meisten einig: „Dass wir über die Lockerung das Heimaufenthaltsgesetzes reden müssen, ist klar“, sagt etwa Ingrid Pöschmann, Sprecherin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe MA11, zu profil. Innenminister Gerhard Karner, ÖVP, möchte auch mit einer Reform dieses Gesetzes unmündige Intensivtäter „gefängnisähnlich" unterbringen, sagte er im April.
Was meint aber Pöschmann mit einer Lockerung? Etwas ganz anderes. Seit sieben Jahren gilt das Heimaufenthaltsgesetz auch für Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger, davor galt es nur für Alten-, Pflege- und Behindertenheime. In der Jugendarbeit sei es aber nicht praxistauglich: „Wenn sie ihrer 14-jährigen Tochter sagen ‚Pass auf, es ist jetzt 23:30 Uhr. Du gehst jetzt nicht mehr raus‘, dann sperren sie wahrscheinlich ihre Wohnungstür zu. Wenn sie aber eine Wohngemeinschaft zusperren, ist das eine freiheitsbeschränkende Maßnahme, die gemeldet werden muss.“
Pattsituation zwischen Aufsicht und Freiheit
Gleichzeitig haben die Sozialpädagoginnen und -pädagogen in den Wohngemeinschaften auch eine Aufsichtspflicht. Das bringt sie in eine Pattsituation. „Sie müssen sich vor Gericht verantworten, warum sie hier zugesperrt haben, um möglicherweise Jugendschutzbestimmungen einhalten zu können.“ Denn irgendwie müsste man Minderjährige davon abhalten, nach einer bestimmten Uhrzeit das Haus zu verlassen. Das sei bei Intensivstraftätern kein Allheilmittel, betont Pöschmann, aber dürfe in der derzeitigen Debatte nicht untergehen. Diese Gerichtsverfahren seien belastend und verunsichern die Mitarbeitenden. Für Pöschmann und Dieter Schrattenholzer vom Dachverband der Wiener Kinder- und Jugendeinrichtungen braucht es in diesem Bereich eine Änderung, die sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche fair behandelt werden und gleichzeitig der Jugendschutz auch eingehalten werden kann. „Wir können derzeit unsere eigenen Jugendschutzbestimmungen in unseren Einrichtungen nicht voll und ganz umsetzen“, sagt Pöschmann.
Eine Geschichte ohne Missverständnisse
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