Die Privilegien der Parteien: Hohe Förderungen und staatliche Postings
Österreichs Parteien zahlen nicht nur billige Mieten in Wien. Sie genießen weitere, historisch gewachsene Privilegien – und erhalten im internationalen Vergleich besonders hohe Förderungen.
Parteiposten
„Etwas anderes als eine Parteiendemokratie haben wir nicht“, sagte Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) Anfang Juni „bewusst salopp“ im Interview mit profil. Was sie damit meinte: In den Nationalrat werden Parteien gewählt, eine Mehrheit der Abgeordneten stützt die Regierung, bei öffentlichen Postenbesetzungen haben die Parteien daher naturgemäß ein Wörtchen mitzureden. Gesetzlich geregelt ist ein direkter Einfluss der Parteien nur selten. Meist schlagen eben der Nationalrat oder die Regierung eine Person für eine Funktion vor – nur bei den drei Volksanwälten haben tatsächlich die drei stimmenstärksten Parteien jeweils ein Nominierungsrecht.
Indirekt reden die Parteien bei Postenbesetzungen im Bundesdienst natürlich mit. Einerseits durch die Regierung, andererseits durch die Personalvertretung: In Bestellungskommissionen sitzen häufig Personalvertreter – die wiederum klar einer Fraktion und damit einer Partei zuordenbar sind. In der Regel sind das FCG (ÖVP), FSG (SPÖ) oder AUF (FPÖ).
Ganze Ministerien wurden in Österreich bereits mehrfach „umgefärbt“: Übernimmt eine neue Partei ein Ministerium, werden Parteifreunde an Spitzenpositionen der Verwaltung gehievt. Eine beliebte und oft kritisierte Methode ist auch, dass Minister gegen Ende ihrer Amtszeit ihre loyalen Kabinettsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in der Verwaltung unterbringen. Zwar können aus parteipolitischen Gründen übergangene Bewerber bei der Gleichbehandlungskommission klagen, sie erhalten aber nur eine finanzielle Entschädigung. Die zu Unrecht beförderte Person bleibt im Amt. Der Steuerzahler zahlt dann doppelt.
Nicht jede Beförderung muss gleich ein Skandal sein, aus den Reihen der Parteien werden auch fähige Menschen rekrutiert. Doch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) versucht, rein parteipolitisch motivierten Postenbesetzungen ein Ende zu bereiten: Im Mai erhob sie etwa Anklage gegen ÖVP-Klubchef August Wöginger, weil dieser bei der Bestellung des Leiters des Finanzamts Braunau im Mai 2017 interveniert haben soll.
Der Vorwurf: Zwei Mitglieder der Begutachtungskommission sollen eine besser geeignete Kandidatin aufgrund ihrer „Weltanschauung“, also ihrer (mangelnden) Parteizugehörigkeit, übergangen haben. Im Hintergrund habe sich Wöginger für den erfolgreichen Kandidaten, einen ÖVP-Bürgermeister, eingesetzt. Die WKStA stützt sich auf Chats und Aussagen von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Wöginger bestreitet die Vorwürfe.
Bonus-Privileg: Beamte können sich karenzieren lassen, wenn sie politische Ämter ausüben. Anders als in der Privatwirtschaft haben sie dann ein Rückkehrrecht, also einen sicheren Job, sollte die politische Karriere unverhofft zu Ende gehen.
Staatlich geförderte Partei-Postings
Schafft eine Partei den Sprung in die Regierung, kann ihr das eine Menge Geld sparen. Denn wie profil mehrfach berichtete, lassen mehrere Ministerinnen und Minister ihre Social-Media-Accounts von Kabinettsmitarbeitern betreuen. Zwischen Postings zu Ministeriumsangelegenheiten mischen sich auch solche im Branding der jeweiligen Partei.
Die Parteien sparen sich somit Geld: Anstatt selbst jemanden für die Social-Media-Accounts anzustellen, werden die Kosten von den Ministerien getragen. Der Rechnungshof und der Unabhängige Parteien-Transparenzsenat (UPTS) orteten darin eine Umgehung des Parteiengesetzes. Der UPTS brummte zuletzt ÖVP, Neos und Grünen insgesamt rund 220.000 Euro an Strafen auf. Die Arbeitsstunden der Kabinettsmitarbeiter wurden als unerlaubte Spende der öffentlichen Hand qualifiziert.
Die Reaktion der Parteien: Der Missstand wurde gesetzlich legalisiert. Nach einem öffentlichen Aufschrei wurde der Gesetzesvorschlag unmittelbar vor Beschluss in der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause so abgeändert, dass die drei Parteien zumindest die bereits ausgefassten Strafen bezahlen müssen. Künftig dürfen die Kabinette die persönlichen Social-Media-Accounts ihrer Ministerinnen und Minister betreuen. Das muss zwar klar gekennzeichnet sein und sich von parteipolitischen Inhalten unterscheiden. Kontrollieren lässt sich das in der Praxis aber kaum. Ein neu geschaffenes Privileg.
Euer Geld für unsere Leut'
Eigentlich müssten sich Parteien auch ohne Tricks Wahlkämpfe leisten können. Denn die Parteienförderung ist hierzulande deutlich höher als in den meisten anderen Ländern. Österreichs fünf Parlamentsparteien erhalten heuer nur durch Parteien-, Akademie- und Klubförderung des Bundes fast 80 Millionen Euro. Allein die FPÖ erhält als stimmenstärkste Parlamentspartei rund 22 Millionen Euro an Bundesförderungen. Während in Deutschland die Parteienförderung bei ungefähr einem Euro pro Stimme liegt, erhalten Österreichs Parteien rund fünf Euro pro Stimme. Fördergelder für Landesparteien und ihre Gemeinderats- und Landtagsklubs sind hier noch nicht berücksichtigt.
Wie dieses Steuergeld eingesetzt werden darf, ist umstritten. Vor allem die Freiheitlichen werden von der Justiz verdächtigt, dass sie in der Steiermark und in Wien Parteigelder veruntreut haben. In beiden Causen weisen bis auf den früheren Grazer FPÖ-Finanzreferenten Matthias Eder in der Steiermark und den ehemaligen Bodyguard von Heinz-Christian Strache, Oliver Ribarich, in Wien alle Beschuldigten die Vorwürfe zurück. Die Verteidigungslinie mancher Blauer: Auch private Ausgaben hätten einen Wert für die Partei. So verteidigte Nationalbanker Eduard Schock, einst Klubchef der Wiener Freiheitlichen, laut „Standard“ gegenüber der Staatsanwaltschaft, dass die Hochzeit von Strache und seiner Ex-Frau Philippa Beck aus dem blauen Wahlkampfbudget finanziert wurde: „Da die Hochzeit fünf Wochen vor der Nationalratswahl war, war der Werbewert für die Partei unzweifelhaft.“
Gedacht ist die Parteienförderung grundsätzlich für die politische Arbeit und die Wahlwerbung der Parteien. Dazu gehören neben Plakaten und Inseraten etwa Feste – und auch hier haben Parteien Vorteile: Wie bei Vereinen sind kleinere Parteifeste von der Körperschaftssteuer (KÖSt) befreit.
Derzeit prüft der Rechnungshof die Angaben der Parteien aus dem vergangenen Superwahljahr. Und wieder einmal werden dadurch die Grenzen der Parteien-Transparenz aufgezeigt: Der Rechnungshof vermutet, dass die Freiheitlichen nicht alle Ausgaben für ihren EU-Wahlkampf angeführt haben könnten. Denn im Unterschied zu anderen Parteien haben sie fast keine Ausgaben für Werbeagenturen angeführt. Eine Nachschau durch den Rechnungshof lässt die FPÖ aber nicht zu – die seit 2022 neuen Nachschaurechte des Kontrollorgans würden gegen die Verfassung verstoßen, argumentieren die Freiheitlichen. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) muss entscheiden.