FPÖ-Affären

Sumpf statt Trumpf

Finanzskandal in Graz, Korruptionsermittlungen in Wien, Postenschacher in blauen Ex-Ministerien, Kontakte zu russischen Oligarchen – die Kickl-FPÖ steckt im Affärenstrudel.

Drucken

Schriftgröße

Der einwöchige Uhrfahraner Frühjahrsmarkt in Linz rühmt sich, „Österreichs größtes Volksfest“ zu sein. Am 1. Mai hatte am Jahrmarktgelände der Mann das Sagen, der „Volkskanzler“ werden will. Alljährlich begeht die FPÖ in Urfahr im Mega-Bierzelt den Tag der Arbeit. Auch heuer war es eine rechte Gaudi mit Bier, Grillhendl, Schlager-Band und Herbert Kickl. Der FPÖ-Obmann unterhielt sein Publikum – 5000 Fans waren gekommen – in gewohnter Manier. Die „Einheitsparteien“ würden ihn verhindern wollen, weil er als „Anwalt“ und „Beschützer“ der Menschen „das System“ umdrehen werde. Aber: „Bevor ich Teil dieses Systems werde, mich biegen, brechen und erpressen lasse, da gehe ich lieber unter, und das mit erhobenem Haupt.“

Dass Kickl zum Untergeher wird, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Die FPÖ liegt in aktuellen Umfragen deutlich voran. Allerdings: Ein Affärenstrudel aus Inseratenkorruption, Postenschacher, Missbrauch von Parteienförderung und jüngst sogar Verdacht auf Kinderpornografie könnte die Partei nach unten ziehen. Blau steht derzeit für: Sumpf statt Trumpf.

So sieht sich die FPÖ seit vergangener Woche mit denselben Vorwürfen wegen Inseratenkorruption konfrontiert wie die ÖVP. Sie betreffen die gemeinsame Regierungszeit in der türkis-blauen Koalition von Dezember 2017 bis Mai 2019. FPÖ-geführte Ministerien sollen in Boulevardmedien, konkret in der Tageszeitung „Österreich“, Inserate geschaltet haben, „an deren Inhalten kein konkretes Interesse der Öffentlichkeit bestand und die darauf abzielten, eine für die FPÖ wohlwollende Berichterstattung in diversen Medien zu sichern und die Imagepflege zu fördern“.

Dies scheibt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in einer per RSb-Brief versendeten Mitteilung vom 22. April an Herbert Kickl, in der ihn die Strafverfolgungsbehörde über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens informiert. Der konkrete Verdacht: Untreue. Kickl habe „in unvertretbarer Weise gegen die dem Vermögensschutz der Republik Österreich dienenden Bestimmungen“ verstoßen.

Auch gegen die früheren FPÖ-Minister Norbert Hofer (Verkehr), Mario Kunasek (Verteidigung) und Beate Hartinger-Klein (Soziales) wird wegen desselben Delikts ermittelt. Dem früheren Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wirft die WKStA Bestechlichkeit vor, dem „Österreich“-Verleger Wolfgang Fellner Bestechung. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung, sie weisen die Vorwürfe zurück. Die FPÖ wittert eine Verschwörung des „tiefen Staates“.

Verräterische Chats

Die Umstände des Ermittlungsverfahrens sind bemerkenswert. Als Anhaltspunkt dienen Chats einer FPÖ-internen WhatsApp-Gruppe aus der Zeit der blauen Regierungsbeteiligung. Darin erbost sich Strache über Wolfgang Fellner, schlägt einen Inseratenstopp gegenüber der Mediengruppe Österreich vor, den er aber nach einem klärenden Gespräch mit dem Verleger wieder stoppt. Am 23. April 2019 schreibt er in der Gruppe: „Bitte weiter bei Fellner schalten. Wir haben es geklärt! Er kommt uns entgegen.“

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Hat ein Faible für visuelle Kommunikation, schaut aufs große Ganze und kritzelt gerne. Zuvor war er bei der "Kleinen Zeitung".

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.