Zwei verschleierte Frauen von hinten
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Betroffene zum Kopftuchverbot: „Notfalls trage ich Haube“

2020 scheiterte das Kopftuchverbot für Mädchen bis zehn Jahre am Verfassungsgerichtshof. Jetzt ist es bis 14 geplant und könnte an so mancher Mittelschule sogar noch 15- oder 16-Jährige erfassen. Das sagen Betroffene.

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Leila ist gerade einmal 13 Jahre alt, doch die Art, wie sie spricht und ihr Blick ihr Gegenüber fixiert, hat etwas Unumstößliches. Sollte das geplante Kopftuchverbot für unter 14-Jährige an Österreichs Schulen tatsächlich Realität werden, würde sie sich nicht fügen. „Sicher nicht“, sagt die Gymnasiastin aus Wien. Notfalls würde es eben eine Haube werden oder ein Hoodie – oder sonst eine Art von Mütze, sagt Leila. Sie würde schon einen Weg finden, das Verbot zu umgehen, denn: „Die Bedeckung ist Teil meiner Identität.“

Ein beiger Schleier umrahmt Leilas schmales Gesicht, sie trägt einen langen grünen Pullover – für sie Ausdruck ihrer „modesty“, wie sie sagt, von Bescheidenheit und Sittsamkeit. Leilas Outfit ist etwas, das ihr so manches Problem bereitet, genauso wie ihrer Freundin Lina, die neben ihr sitzt, 14 Jahre alt, beiges Kopftuch, braunes, bodenlanges Kleid. Beide stammen aus Syrien. Seit sie sich verschleiern, haben beide ähnliche Probleme. Gerade heute, auf ihrem Heimweg, sei Lina von einer älteren Österreicherin im Bus angepöbelt worden, sie solle sie nicht berühren, rief die Frau der Teenagerin zu. Seit sie vor zwei Jahren beschlossen hat, eine Hijabi zu sein, also eine junge Frau, die Kopftuch trägt, gerate sie immer wieder in derlei unangenehme Situationen. Und so, wie sie spricht, scheinen Begebenheiten dieser Art ihre Entschlossenheit, das Kopftuch zu tragen, nur weiter zu stärken. „Ich schäme mich nicht, im Gegenteil, ich bin stolz darauf.“ Linas Mutter Fatima (sie heißt eigentlich anders) sitzt gemeinsam mit den beiden Mädchen im Lokal der „Nachbarinnen“ nahe des Wiener Yppenplatzes, einer Organisation, die mithilfe von Sozialassistentinnen Frauen unterschiedlicher Herkunft in die Integration begleitet.

Vor neun Jahren flüchtete die Familie nach Österreich und ist längst nicht mehr auf Unterstützung angewiesen. Lelas Mutter, selbst verschleiert, sagt, sie habe ihre Tochter bestimmt nicht dazu überredet, Kopftuch zu tragen – genauso wenig wie ihre anderen drei Töchter. „Das Kopftuch ist einzig und allein meine Entscheidung gewesen“, sagt Lina. Dass die österreichische Bundesregierung sie nun per Gesetz zwingen will, es in der Schule abzulegen, noch dazu unter Androhung von Geld- und Freiheitsstrafen für ihre Eltern, findet sie schlicht „schlimm“ – ihre Freundin Leila findet es „empörend“. Mit Ermächtigung von Mädchen habe dieses Gesetz nichts zu tun, es sei das genaue Gegenteil: „Wenn ich gezwungen werde, das Kopftuch abzunehmen, ist es genauso schlimm“, sagt die 13-jährige Leila, „wie wenn mich jemand zwingen würde, es aufzusetzen.“

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.

Clemens Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.