Eine Friedenstaube mit einem Olivenzweig im Schnabel trägt eine rote Kappe mit der Aufschrift „Make America Great Again“, als Anspielung auf Donald Trumps Nahost-Friedensplan.
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Warum Trumps Plan gelingen könnte – oder auch nicht

Mit Trumps 20-Punkte-Plan hat im Nahostkonflikt eine neue Ära begonnen. Der US-Präsident geht vor wie niemand vor ihm: machtbewusst, Geschichtsvergessen und mit enormem Optimismus. profil skizziert zwei Szenarien: Gelingen und Scheitern.

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Wie Trumps Plan gelingen kann

Der Nahe Osten ist zweifellos die prädestinierte Weltregion für kühne Prophezeiungen. Hier wandelten Abraham, Moses, Jesaja, Johannes der Täufer, Mohammed und viele mehr umher und sagten voraus, was die Zukunft respektive Gott bringen werde. Am Montag der vergangenen Woche war es wieder einmal so weit. US-Präsident Donald Trump traf im ägyptischen Bade- und Konferenzort Sharm el-Sheikh mit gekrönten Häuptern, gewählten Staats- und Regierungschefs und sonstigen Promis (FIFA-Präsident Gianni Infantino war kurioserweise auch dabei) zusammen, um im Rahmen eines pompösen Festaktes seine mutige Vorhersage zu zelebrieren: „Frieden im Nahen Osten“.

Viele Männer auf einer Bühne, davor der Schriftzug "PEACE 2025"
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Eigentlich war bis dahin lediglich ein erster, wenn auch enorm bedeutsamer Schritt gelungen, nämlich die sogenannte Phase 1 von Trumps Plan. Die Terrororganisation übergab alle lebenden Geiseln, die Rückgabe der Toten lief schleppend an. Israel wiederum entließ wie vereinbart an die 2000 palästinensische Gefangene aus der Haft und beorderte seine Streitkräfte auf eine Waffenstillstandslinie. Auch die vermehrten Lebensmittellieferungen treffen im Gazastreifen ein.

Wenn sie sich nicht entwaffnen, werden wir sie entwaffnen.

 

Donald Trump in Richtung Hamas

Es herrscht Waffenstillstand, aber noch kein Frieden. Im Gegenteil, die Hindernisse auf dem Weg zu der angestrebten dauerhaften Friedenslösung gleichen wahren Gebirgen. Zudem lehrt die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte, dass Abkommen, Roadmaps und sonstige Vereinbarungen verschleppt, sabotiert und ausgehebelt werden, bis von ihnen nichts mehr übrig ist als der Streit darüber, wer sich als Erster woran nicht gehalten hat.

Warum sollte es diesmal anders sein?

Die einfache Antwort darauf lautet: Weil diesmal wirklich alles anders ist. Und das hat vor allem mit Donald Trump zu tun. Er bricht, wie es seine Art ist, mit allen Konventionen und setzt einen Friedensprozess auf, der keinerlei Ähnlichkeit mit denen der Vergangenheit hat.

Bisher stand im Zentrum jedes Friedensplans die Suche nach einer gerechten Lösung, die sowohl Palästinenser als auch Israelis zufriedenstellen sollte. Die Verhandler kreisten um die immer gleichen Themen: Wo sollen die Grenzen gezogen werden? Wie kann das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser bei gleichzeitiger Sicherheit für Israel umgesetzt werden? Wie soll Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten geteilt werden?

All das ignoriert Trump mit voller Absicht, und das liegt nicht nur daran, dass sein Friedensplan in Gaza seinen Ausgang nimmt und nicht im Westjordanland. Trump stellt die Frage nach Gerechtigkeit zwischen Israel und Palästina erst gar nicht und erspart sich damit die Antworten, die ohnehin zu keinem Konsens führen würden. Sein Konzept ist geschichtsvergessen und frei von politischen Werten wie Selbstbestimmung, Souveränität, Menschenrechte. Stattdessen hat Trump zwei Ziele vor Augen: Stabilität und Wiederaufbau.

Dorthin gelangen will der Leider-nein-Friedensnobelpreisträger, indem er die Beteiligten dazu zwingt, seinem 20-Punkte-Plan zu folgen, und seine politische Reputation damit verknüpft.

Viele Leute mögen die Einstaatlösung. Manche mögen die Zweistaatenlösung. Wir werden sehen.

Donald Trump

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort und seit 2025 stellvertretende Ressortleiterin. Schwerpunkt: Europa und USA.

Robert Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur