Sollte man zum Kaltduscher werden?
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Ist kalt zu duschen wirklich gesund?

Es soll den Körper abhärten und das Immunsystem stärken. Ob kaltes Wasser tatsächlich Erkältungen verhindern kann.

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Twitter-Gründer Jack Dorsey ist kein Warmduscher. Morgens um fünf Uhr setzt sich der 45-Jährige zuerst eine Viertelstunde in die Sauna, dann drei Minuten ins Eisbad. Warmem Wasser im Badezimmer hat er gänzlich abgeschworen: „Für mich ist das besser als Koffein.“ Damit setzt der Tech-Magnat aus dem Silicon Valley auf einen alten Trend. Der bayrische Geistliche Sebastian Kneipp predigte schon vor 170 Jahren, wie gut Wechselbäder und Wassertreten für die Gesundheit seien. Die Überzeugung, damit das Immunsystem zu stärken, hält sich bis heute hartnäckig. Nur, funktioniert das wirklich?

Studie: 3000 freiwillige Kaltduscher

Eine groß angelegte, niederländische Untersuchung wird immer wieder als Beweis für den Nutzen von kaltem Wasser herangezogen. Die Forscher teilten dafür 3000 Freiwillige in vier Gruppen ein, die einen Monat lang ihre tägliche Routine ändern sollten. Gruppe eins sollte nach einer warmen Brause 30 Sekunden lang kaltes Wasser aufdrehen, die Zweite 60 Sekunden, die Dritte 90 Sekunden; die Vierte sollte warm duschen wie immer. Ein Monat lang praktizierten die Teilnehmer dieses „Abschrecken“, weitere zwei Monate stand es den Kaltduschern wieder frei, so zu duschen, wie sie wollten (zwei Drittel blieben beim Kneippen). Nach drei Monaten verkündete das Forscherteam einen positiven Effekt: Die Krankenstandstage hätten sich bei den Kaltduschern im Vergleich zur Kontrollgruppe um 29 Prozent reduziert.

Das Problem: Die Studie weise „große Mängel“ auf, wie Expertinnen und Experten von der Donau-Universität Krems warnen. Sie überprüfen regelmäßig die Qualität medizinischer Studien als Österreich-Vertreter der Organisation Cochrane, der weltweit bedeutendsten Instanz für evidenzbasierte Medizin.

Die Cochrane-Experten zeigen zum Beispiel auf, dass die Niederländer außer Erkältungen auch psychische Erkrankungen, Verletzungen und geplante Operationen zu den Krankenständen gezählt haben. Die gesamte Mängelliste finden Sie hier.

Eisbäder: nicht ganz ungefährlich

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind kalte Duschen und Eisbäder ohnehin nicht zu empfehlen – sie sind zu anstrengend für deren Organismus. In der niederländischen Studie klagten 13 Prozent der Probanden aus den Kaltwassergruppen über anhaltende Kälte in Händen und Füßen. Einzelne berichteten von Krämpfen, Schwindel, Muskelschmerzen und Schlafproblemen wegen des kalten Körpergefühls.

Die Experten von der Donau-Uni Krems analysierten nicht nur die niederländische, sondern mehrere Studien zum Thema. Ihr Urteil: „Belege für eine Wirkung konnten wir nicht finden. Nach Auswertung der besten verfügbaren Studien sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Frage schlicht nicht gut genug untersucht ist, um sich für oder gegen eine Wirksamkeit auszusprechen.“

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Sie lesen einen Artikel aus der Serie "profil macht schlau", in der Fragen des Alltagslebens beantwortet werden. Näheres zu der Serie und weitere Teile können Sie hier nachlesen.

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Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.